Echt – Recorder
Spätestens mit der Michel van Dyke-Komposition „Du trägst keine Liebe in dir“ schien die Wandlung vollzogen: Echt, die Ex-Schülerband mit Boygroup-Habitus, wurde plötzlich zum allgemein anerkannten und interessanten Pop-Phänomen. Schaumschläger, die Phil Spector bislang für einen Brillen-Fabrikanten gehalten haben, faselten ob des opulenten Arrangements der Hit-Single besinnungslos etwas von den Crystals und den Ronettes und bramarbasierten, sie hätten immer gewusst, dass „die Jungs“ es schaffen würden. Sänger Kim Frank turtelte mit „Bravo-TV“-Moderatorin Enie van de Meiklokies und befand sich hernach in der Krise, Gitarrist Kai trug bei Auftritten selbst angefertigte Seüg-T-Shirts, Tüftler und Tastenmann Gunnar gab vor, noch Jungfrau zu sein, der Bassist heißt bis heute mit Nachnamen Puffpaff und als Konzertbesucher bei den Stereophonics oder Sleater-Kinney wurden Mitglieder der Band bestenfalls belächelt.
Alles Marginalien, alles vergessen. Heute werden Echt weitestgehend ernst genommen, schreiben ihre Stücke selbst und ein mancher traut ihnen sogar das große Verweigerungs-Album zu, für das es allerdings noch etwas zu früh ist. Deshalb ist „Recorder“ noch ein ganz normales drittes Echt-Album geworden, immenser kommerzieller Erfolg natürlich inbegriffen. Anglophiles wie „Kurz nach dem Aufstehen“ könnte man, mit englischem Text versehen, problemlos den Studentinnen bei der Britpop-Party unterjubeln, „Wie geht es Dir so?“ glänzt durch beschwingte Bläsersätze und „An deiner Seite“ mutet inhaltlich und kompositorisch wie eine Fortsetzung von „^feinst Du“ an. Selbst zweifelsohne Missglücktes wie „Wahrheit“, eine Art „Kid A“ für die Krabbelgruppe, macht das Quintett sympathisch: „Hier kommt die Wahrheit“, dröhnt es durch die Talkbox, und man kann nichts anderes denken als „Hier kommt die Maus“.
Pur-Prinzipal Hartmut Engler verriet erst kürzlich wieder den Masterplan seiner Sangesgruppe: „Bei uns menschelt es eben ganz extrem.“ Für Echt gilt: Bitte nicht nachmachen und alles wird möglicherweise gut.