Ein mutiger Weg :: M. Winterbottom (Start 13.9.)

Die Welt ist seit 9/11 enger und trotzdem unübersichtlicher geworden. „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns.“ Dieser Cowboysatz von US-Präsident George W. Bush hatte im Kampf gegen die Terroristen, Islamisten und Separatisten des Nahen Osten sehr bald keine Gültigkeit mehr.

Der britische Regisseur Michael Winterbottom ist dennoch parteiisch – weil er konsequent für Menschlichkeit und Gerechtigkeit eintritt.

Das politische und religiöse Gezänk interessiert ihn auch in „A Mighty Heart“ nicht. Nach „In This World“ und „The Road To Guantanamo“ sein drittes Projekt, das er irgendwo im Radius des Hindukusch gedreht hat. Winterbottom versucht stets, ein Höchstmaß an Authentizität abzubilden. Dass er dabei auf wahre Begebenheiten zurückgreift, verstärkt mehr die Wirkung, als dass es die Voraussetzung dafür wäre. Als Vorlage dienen diesmal die Erinnerungen der Journalistin Mariane Pearl an ihren Ehemann Danny. Der Reporter des „Wall Street Journal“ wurde 2002 bei Recherchen über den Schuhbomber Richard Reid in Pakistan gekidnappt und wenig später ermordet. Zeigte Winterbottom in „The Road To Guantanamo“ die Willkür des Westens im selbst ausgerufenen Krieg gegen den Terror, so ist es hier die Willkür der selbst ernannten Freiheitskämpfer.

Mariane (Angelina Jolie) ist im sechsten Monat schwanger, als sie von der Entführung erfährt und nach Karachi reist. Sie kommt im Haus einer Freundin unter, das mit Laptops, Telefonen und Faxgeräten zur Zentrale wird und zum Treffpunkt für Journalisten, Militärs und Mitarbeiter der US-Botschaft und des pakistanischen Geheimdienstes. Es werden Vorschläge besprochen und Informationen ausgetauscht, E-Mails und Bilder der Kidnapper analysiert. Und die Kamera ist einfach dabei, wie bei einer Reportage, fängt die Hektik und emotionale Ohnmacht ein. Kein Seitenblick schürt künstlich Spannung, die Anspannung spricht für sich in dieser Echtzeit aus Telefonaten, Autofahrten, Meetings, Schlaf und einem monsunartigen Wolkenbruch, der alle verharren lässt.

Unspektakulär verläuft auch die Fahndung nach den Tätern im Gewusel der Straßen und in Wohnungen der Armenviertel. Verhaftungen und eine kurze Schießerei sind dramaturgisch nicht aufgepeppt. Dafür streift Winterbottom die gesellschaftliche Problematik und politisch prekäre Situation von Pakistan. Ein Minister kritisiert die Arbeit von Danny, das gehöre nicht zur Aufgabe eines Journalisten. Aber ein Ermittler erklärt bei einem Verhör, man könne sich ein Versagen gegenüber Amerika nicht erlauben und greift dafür auch auf Folter zurück.

Nur zum Ende hin bricht Winterbottom mit seiner dokumentarischen Konsequenz, spielt mit Klavierklängen unterlegte Rückblenden von der Hochzeit zwischen Mariane und Danny ein. Er drängt einem Gefühle auf, die immer zu spüren waren. So bleibt von der beklemmenden Betrachtung nur ein sentimentales Statement.

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