Eine Französische Frau von Régis Wargnier
ab 24. August Viele große Filme sind unausgesprochene Liebeserklärungen an ein Gesicht. Der Regisseur und sein obskures Objekt der Begierde: Griffith und Lillian Gish, Antonioni und Monica Vitti, Godard und Anna Karina, Carax und Juliette Binoche – manisch fahren die Meister der Kamera in Großaufnahmen immer wieder die makellosen Gesichtszüge ihrer Stars ab, um ihnen das Geheimnis ihrer Aura zu endocken. Aber die Schönen geben ihren Mythos nicht preis. Auch Regis Wargnier hat sich in ein Gesicht verliebt Nach Rivette („Die schöne Querulantin“) und Sautet („Ein Herz im Winter“) ist auch er von Emmanuel Beart verzaubert worden. Europas schönste Filmschauspielerin dominiert dieses verhinderten Epos über die verheiratete Jeanne, die sich Ende der 4oer Jahre aus ihrer puritanischen Enge befreien will. Sie und der Berufsoffizier Louis ( Daniel Auteuli, auch im richtigen Leben ihr Partner) heiraten Hals über Kopf. Fünf Jahre Zweiter Weltkrieg, das Nachkriegs-Berlin in einer Villa mit einem deutschen Verehrer (Gabriel Barylli) und späterem Liebhaber; Kinder, Ehebuch, Maßlosigkeit, Indochina, Syrien und ein fast letates Showdown zwischen Tempelruinen. Der Film wirkt mit knapp 100 Minuten wie das Telegramm eines 1000-Seiten-Romans. Die elliptische Erzählform widersetzt sich immer den dramaturgischen Notwendigkeiten, vieles wird nur skizziert, die psychologischen Zwänge bleiben Leerfelder. Godard mußte „La femme mariee“ aus Zensurgründen in „Une femme mariee“ umändern – die bei ihren selbstzerstörerischen Emanzipationsversuchen scheiternde Jeanne ist wohlweislich nur noch „eine“ französische Frau. Jan-Barra Hentschel