Elbow :: Build A Rocket Boys!
Blick zurück nach vorn: ein kleines Meisterwerk der Nostalgie
Guy Garvey verwandelt sich noch einmal in den 20-Jährigen, der am Anfang seiner Karriere steht. „Jesus Is A Rochdale Girl“ versucht sich behutsam an einer Inventarliste aller Erinnerungen an diese Zeit, in der es ernst wurde mit seiner Band Elbow. „Nothing to be proud of, and nothing to regret“, protokolliert er, begleitet von einer Akustikgitarre, einem verwirrend akzentuierenden E-Klavier und einer zärtlich klopfenden Bassdrum.
Wie in diesem Song – dem ersten, den Elbow für „Build A Rocket Boys!“ auf der Isle of Mull schrieben und aufnahmen – prägt eine romantisch-nostalgische Erzählhaltung des vergegenwärtigenden Rückblicks hier fast alle Lieder. Die Popsuite „The Birds“ zum Beispiel, in der die Vögel zu den Hütern des Geheimnisses einer längst vergessenen Liebesgeschichte werden. Im ersten Teil des Songs gibt das Tick-Tack einer Gitarre den ruhigen Ton an, den im zweiten Teil ein fiepsender Shuffle ersetzt. Und schließlich greifen beide Parts ineinander, verschränken sich zu einem arabesken Klangmuster. „Lippy Kids“ nimmt das Metronom-Motiv von „The Birds“ auf, setzt es am Klavier fort. Garvey, der tatsächlich dorthin zurückgekehrt ist, wo er einst aufwuchs, beobachtet Teenager, erinnert sich an die eigene Jugend, fragt: „Do they know these days are golden?“ Ein wehmütiges, empfindliches, ergreifendes Stück Musik, aufs Sorgfältigste arrangiert, mit sich überlagernden Melodiebögen, eine Annäherung an Minimal Music mit den Mitteln des Chorals.
Mehr Kunstlied als Pop sind das betörende „With Love“ oder das verträumte „The River“. Zwar sind nicht alle Songs so spärlich instrumentiert wie der Schlüsselsong „Jesus Is A Rochdale Girl“ oder die Kammeroper „The Night Will Always Win“. Die Arrangements bleiben aber auch dann hoch konzentriert und der Vortrag zurückhaltend, wenn Streicher oder der Hallé Youth Choir die sanfte Pop-Ode „Dear Friends“ oder das euphorische, als Walzer angelegte „Open Arms“ verzieren, in dem Garvey singt: „The man you are will know the boy you were.“ (Universal) Gunther Reinhardt