Elliott Smith – XO :: DREAMWORKS/UNIVERSAL

Jetzt steht es also fest: Auch Elliott Smith verehrt die Beatles, nämlich „die späten“. Und Simon & Garfunkel, vermutlich wohl „die mittleren“. „XO“, das erste Album nach seinem Karriereschub, ist ein Quantensprung in den Pop: Arrangements mit Piano, Orgel und Streichern erinnern tatsächlich an die Beatles der Auflösungsphase, als plötzlich alles möglich war und auch realisiert wurde. Weil er sich nicht entscheiden kann, spielt Smith gleich Paul, John und George. Bloß Ringo nicht.

Für einen Schutzpatron der Stubenhocker ist Elliott Smith weit gegangen. Songs wie „Waltz # 2 (XO)“ und „Baby Britain“ (und überhaupt) sind von unverschämter Eingängigkeit fast singalong-tauglich. „Nothing’s going to dragdown“ singt er in der Hommage an Cool Britannia, mit dieser merkwürdig zarten, konturlosen und intimen Stimme, die weie sein Gitarrenspiel „Zerbrechlichkeit“ signalisiert. Doch sind sie dies beide eben nicht: zerbrechlich.

Smith ist ein Folkie, meinetwegen ein Hippie, und seine nun schärfer angeschlagenen Songs sind nicht im einzelnen so bemerkenswert, sondern in der Gesamtheit. Deutlicher formuliert: Man fragt sich oft, warum die Lieder so gut sind, da sie irgendwie gewöhnlich klingen. Man hört, wie sie gemacht sind. Das ist Smiths Raffinesse. Und er hat seit seiner Zeit bei den erfolglosen Heatmiser und den eher skizzierten Songs auf seinen ersten beiden Alben alles gelernt: „XO“ ist komplett. Ein sonniges Album, das alle Zweifel in Schönklang zerstreut.

Leider bleiben Smiths Talente als Lyriker hier diffus – „Oh Well, Okay“ oder „Bottle Up & Explode“ lassen unbestimmt, worüber der neue Held der nicht so Lebenslustigen demnächst noch singen könnte. Melodramatik gibt es nicht. Die Abkehr von der Bekenntnishaftigkeit mag sein probates Programm sein, doch die Abkehr vom Geschichtenerzählen sollte das nicht bedeuten. An Liebeskatastrophen und anderen privatimen Ereignissen zeigt Smith weiterhin kaum Interesse; „Sweet Adeline“ ist vielmehr eine Eloge. Elliott Smith hält sich noch alle Möglichkeiten offen. Und macht jetzt vielleicht einmal Urlaub.

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