Fairport Convention – Live At The BBC
Die Anekdote, der zufolge der junge amerikanische Produzent Joe Boyd das Folk-Rock-Ensemble Fairport Convention als Vorgruppe bei einem Pink Floyd-Auftritt entdeckte und baff erstaunt war, wie gut dieser Gitarrist (ein gewisser Richard Thompson) am Ende „East-West“ von der Butterfield Blues Band spielte, ist es wert, ab und zu mal wieder erzählt zu werden. Was die Liner Notes zu diesem Box Set nicht versäumen mochten.
Das ist quasi die noch einmal auf schlappe 69 Aufnahmen erweiterte Version der vor fünf Jahren schon mal als Expanded Edition erschienenen „Hryday „-Kollektion mit BBC-Mitschnitten. Diese CD beschränkte sich damals streng auf die Sandy-Denny-Jahre der Band.
Als umfassenderes Dokument der Jahre von den Anfängen mit Judy Dyble bis 1974 (als Sandy für eine ganz kleine Weile noch einmal Frontfrau war) finden Fans auf den vier CDs sicher Schätze, die es wert waren, gehoben zu werden offiziell und nicht den Bootleggern vorbehalten zu bleiben. Diese böse Parodie auf „Light My Fire“ taucht jetzt also genauso auf wie „If I Had A Ribbon Bow“ als Live-Darbietung noch von Miss Dyble.
Bei Dylans „Basement Tapes“ bediente sich die Band damals bekanntlich sehr großzügig (der einzige Hit, mit dem sie dann auch in „Top Of The Pops“ auf traten, war die französische Version von „lf You Gotta Go, Go Now“). Aber auch frühe Joni-Mitchell-Kompositionen sangen sie in Konzerten und bei BBC-Auftritten weit häufiger noch als dann bei Studio-Sessions Als „the group with the highly individual style“ kündigt BBC-DJ David Symonds sie vor „Night In The City“ an, das sie dann als Folk Rock spielen – mit klarem Akzent auf Rock! Ebenfalls erstmals in ganz hochkarätigen Band-Arrangements zu hören: „Eastern Rain“ und „Marcie“, mit untrüglichem gutem Geschmack für tolle Songs ausgewählt wie all die anderen auch. Jackson C. Francks „You Never Wanted Me“ war damals vielleicht Pflicht in Folkie-Kreisen, aber sich als Country Music- und Johnny-Cash-Fan zu outen, war trotz „Nashville Skyline“ nicht selbstverständlich. Ein paar Klassen besser als „I Still Miss Someone“ interpretierten sie damals aber Leonard Cohen und Gene Clark. Das muss Iain Matthews gewesen sein, der die Band davon überzeugte, dass „Suzanne“ und „Tried So Hard“ von Clarks Misserfolgs-LP mit den Gosdin Brothers ideale Vorlagen waren. Nicht nur er, sondern auch Thompson und Sandy Denny hatten sich immer mehr als hervorragende Songschreiber profiliert. Trotzdem nahmen sie bis zum Herbst 1969 vielfach Songs überwiegend amerikanischer Kollegen für ihre BBC-Auftritte auf – und immer wieder auch Traditionals.
Richtig virtuos zur Sache ging man bei Vorlagen wie „Reynardine“. So was lag ihnen mehr als Muddy Waters, auch wenn ihre Deutung von dessen „You’re Gonna Need My Help“ hier so übel gar nicht mal ist. Ein Fest für Folk-Freaks dürften Aufnahmen wie das fast elfminütige Traditional „The Bonny Bunch Of Roses“ sein, das andere für Liebhaber schöner Stimmen die späten Mitschnitte mit Sandy Denny von „Rising For The Moon“ und Dylans „Down In The Flood“ in der „John Peel Show“, Höhepunkte der dritten CD. Sobald man sich mal mit der Bootleg-Qualität der Aufnahmen auf der vierten abgefunden hat, kann man auch hier allen technischen Unzulänglichkeiten zum Trotz nicht überhören, was für ein famoses Ensemble das schon immer, auch in den Anfangen, war. Das süperbe Solo spielte bei „One Sure Thing“ Thompson übrigens beim ersten hier dokumentierten Auftritt überhaupt, nämlich am 10. Dezember 1967. Bei diesem BBC-Debüt präsentierten sie ansonsten Dino Valentis „Get Together“, Dylans „Lay Down Your Weary Tune“ und Joni Mitchells „Chelsea Morning“. Was für ein Einstand.