FAITHLESS – Sunday 8 pm :: CHEEKY RECORDS/INTERCORD

„God Is A DJ“, verkündet ihre neue Single. Der Spruch ist zwar nicht ganz neu, auf irgendeiner Parade oder Tbilettenwand in einschlägigen Gubs hat man ihn schon gelesen, aber Faithless steht er ziemlich gut Vor zwei Jahren, Techno kroch wie eine Hydra auf den Gipfel seiner Hybridisierung zu, reüssierten die Briten mit einer Single, die sich in der Spaßwelt des dumpfen Wummerns als Trojanisches Pferd erwies. „Insomnia“ elektrisierte mit Bässen und Synthie-Geheul, schien zum Tanzen und heiteren Drogenkonsum aufzufordern, der Text aber handelte von Depression und Todessehnsucht Diese Neigung hatte man bei hedonistischen Ravern längst vermutet.

Nach ihrem Debütalbum Jieverence“ gingen Faithless allerdings mit einer zehnköpfigen Band auf eine absolut technofreie Tournee. Auch als sie bei einem Showcase für die Presse ihr neues Album „Sunday 8pm“ vorstellen, haben sie keinen DJ dabei, dafür das Rüstzeug einer normalen Band. Mit „Insomnia“ hat diese Platte kaum etwas gemeinsam. Faithless vereinen das Erbe britischer Bands wie Galliano, Pressure Drop, den M People und Stereo Mc’s, also die Stile der frühen 90er Jahre, unterlegt mit massiveren Baßlinien und vielschichtigen Soundscapes. Als storyteüer rappt Maxi Jazz entspannt und kongenial in Acid Jazz-Manier, während Gitarrenmelodien, Soulsängerinnen und House-Elemente dramatische Atmosphären schaffen. „Why Go“ ist eine Ballade mit R&B-Gesang und weich pluckernden, suggestiven Beats, bei „Hour Of Needs“ bereiten sie emphatisch GospeL, Reggae und afrikanische Trommeln in bester, fast altmodischer Spiritualität auf, mit Klassik-Anleihen führt „Take The Long Way Home“ wieder in den synthetischen Gub aus Ambient, House und Baßgewitter. So changieren Faithless zwischen ätherischer Melancholie, symphonischem Pathos, Pop-Plakativität und Keyboard-Kitsch, Electro-Stereotypen und neu arrangierten Versatzstücken, Besinnlichem und Betroffenheit Ihr musikalischer Vordenker Rollo begann als Remixer, und er weiß genau, wie man Melodienschnipsel zu Songs zusammensetzt.

Fast am Ende erst hebt „God Is A DJ“ an. Sirenengleich. Sphärisch. Wie ein Signal aus der Ursuppe. Die Formel zum Hit mit marschierenden Bässen. Ein Kracher, der den Körper zukken läßt. Dann, als breche der Himmel auf, raunt Maxi Jazz messianisch: „This is my change/ This is were I heal my heart.“ Da wird der Raver seufzen – und tanzen. Faithless sind Träumer und mehr als eine virtuelle Band. In ihnen spiegeln sich die Möglichkeiten und die Zerrissenheit elektronischer Musik wider.

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