Fehlfarben – Knietief im Dispo :: K7/ZOMBA

Slampoetry von Männern, die einst ihre Jugend verschwendeten Was, ihr wollt wieder wachgeprügelt werden? Von 40-jährigen Männern, denen ihr zugute haltet, dass sie vor über 20 Jahren ihre Jugend verschwendet haben, auf dass ihr erlöst werdet?

Nachdem wir Tote Hosen und Einstürzende Neubauten verloren haben (an die ehemalige Plattenfirma der Sex Pistols, das Goethe-Institut und ähnliche Qubs für reiche Kinder), hängt es nun an den Fehlfarben, „Monarchie und Alltag“ einzulösen. Oder: Dafür zu büßen, denn wie zur Hölle sollen sie das machen? Punk ist heute doch Techno oder so, hab ich kürzlich erst wieder gelesen.

Und Peter Hein sing-fragt: „Was gäbst du drum, einfach den Iggy zu machen, wie vor 15 Jahren auf der Carrera-Bahn?“ An anderer Stelle des (nach 1990 bereits zweiten) Reunion-Albums „Knietief im Dispo“ meint er dagegen, es müsse nochmal 1989 sein, prä-Deutsche-Einheit, weil es im eigenen Hinterkopf ja immer mehrere bessere Welten gibt, in die man niemals kommt. Weil sie eben nur im Kopf sind. „Was ich haben will, das krieg ich nicht“, hat er doch in dem Fehlfarbensignature-tune „Paul ist tot“ gekräht, „und was ich kriegen kann, das gefallt mir nicht!“ So ist das, anders, aber noch immer. Nur kräht er heute nicht mehr. Er keift.

Heins Gesang ist eine Offenbarung auf dieser Platte, ein Waffenruf voll Agression gegen sich selbst, urban-rheinische Slam-Poetry über Bier, Mark (sic!) und Möpse, Kaffee con Grappa, bestellt mit zwei Fingern, Sommergeilheit, Sex mit Alleinerziehenden, all die erwachsenen Themen. Der Kulturpessimismus-Blues, den man kriegt, wenn man realisiert, dass man persönlich mit der Modernisierung einfach nicht gemeint ist. Und dass die Band (mit neuer Drummerin, sonst komplett) mittlerweile halt gut spielen kann, hört man ebenso wie die Produzentenhand von Synthesizer-Pionier Kurt Dahlke – teilweise geht das schon in Richtung New Order. Das Saxofon erinnert an den ersten Rock’n’Roll, die Gitarren erinnern an Punk und seine aftershocks. Musik, die von selbst verhindert, dass sie an Orten gespielt wird, die sie nicht mag.

Weil die Fehlfarben sich unverhofft direkt zu ihrer Geschichte bekennen und nichts verschweigen wollen, gibt es den Song „Das Leben zum Buch“ (Jürgen Teipels Buch) mit den vorläufigen letzten Wahrheiten und in „Reiselust“ eines von Peter Heins Resümees: „Wenn mir irgendwer schlau kommt, stell ich mich nicht mehr dumm.“ Like Deutschrock never happened.

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