Free :: Songs Of Yesterday

Die Anekdote ist verbürgt und so gut, dass man sie einfach noch einmal erzählen muss. Ab das von Alexis Korner protegierte und auf den Namen Free getaufte Blues-Rock-Quartett zum ersten Mal Island-Boss Chris Blackwell und seinen A&R-Mann Muff Winwood traf, wagte Letzterer vorsichtig die Frage: „Okay, Jungs, ihr seht gut aus – aber könnt ihr auch spielen?“ Woraufhin Paul Rodgers, dem es an Selbstbewusstsein so wenig mangelte wie den anderen drei Teenagern, gelassen antwortete, Free sei „the best fuckin‘ band in the world“. Über soviel Chuzpe musste Blackwell schallend lachen. Ab sofort stand vor allem ein Thema zur Diskussion: Geld. Damit gingen die vier in der Folgezeit so großzügig um, dass sie den Erfolg des dritten Albums „Fire And Water“ und der Single „All Right Now“ bitter nötig hatten, um ihre Rockstar-Phantasien ausleben und den Alkohol- und Drogenkonsum finanzieren zu können.

Denn trotz reichlich Live-Präsenz in Clubs und bei Rock-Festivals waren „Tons Of Sobs“ und das Folge-Album „Free“ kommerzielle Flops geblieben. Der Erfolg von Opus 3 (Platz 2 der britischen Hitparade, genauso wie die ausgekoppelte Single) markierte eigentlich schon wieder den Anfang vom Ende. Sowohl „Live“ als auch das Comeback-Album „Free At Last „und der Schwanengesang „Heartbreaker“ kamen – längst in wechselnden Besetzungen aufgenommen – zwar alle in die Top Ten. Aber die notorischen „internen Differenzen“ mochte schließlich niemand mehr ausräumen. Im März 1974 veröffentlicht, war „The Free Story“ das definitive Testament der Band.

Diese 19 Aufnahmen sind’s bis heute auch geblieben. „Songs Of Yesterday“ enthält nicht eine einzige davon, will sagen: keine dieser Originalaufnahmen. Bei den 54 Studio-Tracks der ersten drei CDs dieses Box Sets handelt es sich ausschließlich um Alternativund Re-Mixes, B-Seiten von Singles und jede Menge unveröffentlichtes Material, praktisch durchweg neu abgemischt und das in einer Qualität, die man von den Vinylpressungen der frühen Free-LPs wirklich nicht kennt. Digital generalrenoviert wurden auch die beiden Konzertmitschnitte der vierten CD, die – welch Glück – genauso unveröffentlicht waren wie das Dutzend Aufnahmen der fünften Bonus-CD. Wären da nicht auch etliche ganz vorzügliche Archiv-Ausgrabungen und diese ganz süperbe 60-seitige Broschüre, die auch das beantwortet, was man zum Thema Free noch nie zu fragen wagte, würde ich sagen: Box-Set-Overkill in Reinkultur. Denn erschöpfender wurde noch nie die Karriere einer Band anhand von unveröffentlichten Aufnahmen nachgezeichnet Am Ende bleibt die beliebte Quizfrage: War Paul Rodgers damals einer der hundert besten Sänger der Welt oder nicht?

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