Fröhlich traurig
TIM BUCKLEY 1966 Lee Underwoods Beat-Gitarre, Jack Nitzsches barocke Streicherarrangements. Bei diesen noch recht einfachen Songs wirkt die inbrünstige Intonation des gerade mal 19jährigen wie mit Kanonen auf Spatzen schießen. Man merkte: Die Stimme war zu Höherem berufen, der Songwriter mußte zu den Ambitionen erst noch aufschließen. 3,0
GOODBYE AND HELLO 1967 Auch das zweite Album wird noch vom klassischen Songwriting beherrscht, doch nicht nur der Titel deutet schon auf Aufbruch. Tatsächlich fällt auch das Album in zwei Hälften: die barocke Psychedelic von Stücken wie „Hallucinations“ oder dem Titelsong – und reifere, komplexe Songgebilde wie „No Man can Find The War“ und „Pleasant Street“. 3,5
HAPPYSAD 1969 Eine Reduktion auf Lee Underwoods lyrische Gitarre und Dave Friedmans Vibraphon bei gleichzeitiger, vor allem vokaler, Auskundschaftung neuer Songtexturen. Der Folksong bleibt aber immer noch Ausgangspunkt der Erkundungen. Hier spielt eher ein Jazzquintett als eine Rockband. Nur ein Song bleibt unter fünf, zwei überschreiten die zehn Minuten. 4,5
BLUE AFTERNOON 1969 In kürzester Zeit erschienen gleich drei Buckley-Alben, viele der Stücke entstanden bei den gleichen Sessions. Auf „Blue Afternoon“ entsteht zwischen den Musikern ein magischer flow, der die komplexen Songs so leichtfüßig erscheinen läßt. Kind of blue. Buckley sang nie schöner als auf „Chase The Blues Away“ und nimmt die Spur von Miles Davis auf… 5,0
LORCA 1970 …. die er mit dem nächsten Album weiterverfolgt. Dennoch ist „Lorca“ ein großer Sprung, denn es erinnert eher an die ersten Fusion-Experimente von Davis als an die klassischen Alben mit Gil Evans. E-Piano und Buckleys Lautmalereien auf „Lorca“ und „Anonymous Preposition“ lassen – wenn auch weniger sublim und inspiriert „InASilent Way“ anklingen. 3,5
STARSAILOR 1970 Dieses Album wurde durch seinen heutigen Raritätenstatus und die Nähe zu Genie und Wahnsinn zum Mythos. Die Improvisationen wirken weitaus lebhafter und inspirierter als auf dem Vorgänger. „Bitches Brew“ hatte Eindruck hinterlassen, Buckley entlockt seiner Stimme Töne, die man nicht zu träumen gewagt hätte. Klingt manchmal wie Pharoah Sanders. 5,0
GREETINGS FROM L.A. 1972 Dieser verschwitzte, aufgesexte Funk und Soul, gepaart mit solidem Muckertum, klingt teilweise wie eine stromlinienförmige, pervertierte Version der auf „Starsailor“ vorgetragenen Errungenschaften und sollte Buckley wohl endlich zu kommerziellen Erfolg bringen. Das schwüle „Sweet Surrender“ und der Akustikblues „Hong Kong Bar“ retten das Album. 3,0
SEFRONIA 1973 „Sefronia“ beginnt mit „Dolphins“, einer gelackten Coverversion des bekanntesten Stücks von Buckleys Helden Fred Neil. Und es wird im Verlauf des Albums nicht besser. Aalglatter weißer Funk mit Studiomusikern und Frauenchören. Nur der zweiteilige Titelsong ist zu ertragen – die Bedeutung des Textes wird aber wohl auf ewig ein Rätsel bleiben. 2,0
LOOK AT THE FOOL 1974 Sweet soul music ekligster Sorte. Buckleys Gesang changiert nur noch zwischen Röhren und Falsett und wirkt an einigen Stellen – drogenbedingt ? – erschreckend dünn. Man könnte fast denken, er mache sich – mit Hinblick auf den Titel – über seine Zuhörer lustig. Im Background singt unter anderem Clydie King, die später Dylans Born-Again-Phase begleitete. 1,5