Gene – Libertine
Die erfolglosen Sensibilisten versuchen es nun mal auf eigene Faust
So weit musste es also kommen: Gene, die Band, die immer eine Zuflucht für all die Vergessenen und Verschmähten gewesen ist, veröffentlicht ihr viertes Album auf eigenem Label. Warum? Dies ist nicht England – und Musik von Verlierern für Verlierer lässt sich nur schwer verkaufen. Dabei hätte man die Kritiker leicht auf Distanz halten können: Nur Banausen erinnerte das flehende Organ des depressiven Sängers Martin Rossiter in tearjerkers wie „Where Are They Now?“ an Fury In The Slaughterhouse. Geradezu absurd der leidige Smiths-Vergleich: Wer glaubt schon ernsthaft, in der Rock-Gitarre Steve Masons Johnny Marr zu vernehmen?
Nachdem das stellenweise fast muckerhafte „Revelations“ durch die wie eh und je formidablen Songs gerettet wurde, präsentieren Gene das ganz große Drama auf „Libertine“ diesmal etwas anders: Mit ein paar Blues-Pickings (wirklich!), mehr Georgel, noch mehr Bombast und ziselierteren, laaangen Stücken. Putzig der Verweis auf Dylans „Love Sick“ in „We’ll Get What We Deserve“, in dem Rossiter gleich ein paar Mal sein Lieblingswort „Sony“ unterbringen darf. Fies und schneidend „Spy In The Clubs“, klassisch die Themen – süßer Eskapismus und Rossiter als unbeugsamer Traumtänzer auf der Suche nach dem richtigen Leben im falschen: „A world where I love everyone and everyone loves me“ erbittet der Gebeutelte, um alsbald klein bei zu geben: „I decided not to try to understand my life.“
Es dauert ungewohnt lang, bis man warm wird mit“Libertime“und schließlich erkennt, dass sich trotz leichter Neuerungen im Soundbild nicht gar so viel geändert hat: „Walking In The Shadows“ ist eine Rückbesinnung auf „Olympian „-Tage, auf der gewohnt starken Single „Is It Over“ trotzt Schmerzensmann Rossiter ganz aus der Ferne: „If l want another lover, I’ll get one easily.“ Eine Flucht nach vorn. He’ll find his own way.