Gil Scott-Heron – l’m New Here :: Revolutionär
Gil Scott-Heron war einer der wichtigsten Wegbereiter des Hip-Hop. Ein poetischer Revolutionär, der bereits 1971 auf seinem Debüt „Pieces OfA Mon“erklärte: „The Revolution Will Not Be Televised“. Das passte in die Zeit der Black Panthers, doch die Lethargie und Medienabhängigkeit, die in dem Funk-Klassiker kritisiert wird, ist heute virulenter denn je. Auch Hip-Hop handelt längst nicht mehr von der Realität, sondern von materialistischer Gier und übersteigerter Egomanie.
Ein guter Zeitpunkt also für die Rückkehr von Gil Scott-Heron – 16 Jahre nach seinem letzten Studioalbum. Einen Teil der Zeit hat der Künstler im Gefängnis verbracht, vor allem wegen Kokainbesitzes. Es war Richard Russell, der Besitzer des Labels XL, der ihn 2006 im Knast von Rikers Island besucht hat und zu einer Zusammenarbeit überredete. Ein Jahr später begannen in New York die Aufnahmen des Albums. Russel sorgte dabei für schwere, wolkenverhangene Soundscapes, irgendwo zwischen Burial, Underground-Hip-Hop und den Endzeit-Vibrationen diverser Bill-Laswell-Projekte. Dieser musikalische Minimalismus ist ein perfektes Update der Weniger-ist-mehr-Ästhetik von „Pieces Of A Man“. Doch die wahre Attraktion ist die tiefe Baritonstimme und der leidenschaftliche Vortrag des inzwischen 60-jährigen Poeten, der sich hier als wiedergeborener Bluesmann präsentiert. Davon zeugt nicht nur „Me And The Devil“. Der Song ist von Robert Johnson, doch Scott-Heron macht ihn zu seinem eigenen: „You may carry my body/ Down by the highway side/ So my old evil spirit/ Can catch a Greyhound bus and ride.“ Offenbar muss man den Blues verstehen, um Hip-Hop und Funk wirklich zu begreifen.
Es gibt viele Coverversionen auf diesem Album, der Titelsong stammt interessanterweise von Bill Callahan. „I’m New Here“ erinnert an das knochentrockene Spätwerk von Johnny Cash und wird begleitet von einer einsam gezupften Gitarre. „Your Soul And Mine“ erzählt ebenfalls vom Leid „in a wilderness of heartbreak and a desert of despair“. Bei „Where Did The Night Go“ besteht die Musik lediglich aus einem rhythmischen Pochen.
Das Album erzählt immer wieder von den vielfältigen Qualen des Einzelnen in einer Gesellschaft, die am liebsten von ihren Erfolgen und Reichtümern spricht. Gil Scott-Heron weiß keine Lösung, hat kein Rezept gegen Armut, Drogen und Ungerechtigkeit. Doch nicht nur in „Coming From A Broken Home“, dessen beiden Teile das Album einrahmen, spricht er wenigstens darüber und wendet sich gegen die Klischees, die man gerne über single moms und die „Unterschicht“ verbreitet: „We were working on our lives/ And our homes/ Dealing with what we had/ Not what we didn’t have/ My life has been guided by women/ But because of them/ I am a man.“ Die Zärtlichkeit und Aufrichtigkeit, die hier anklingt, haben viele Hip-Hop-Stars verlernt.