Glen Campbell :: Ghost On The Canvas

Anrührendes Abchiedswerk des großen Sängers und Gitarristen

In seinen Notizen zu diesem Album erzählt Glen Campbell auf einer schmalen Seite noch einmal seine eigene Geschichte. Er erzählt sie knapp, bescheiden und „mit einem Lächeln“ – so hielt er es immer. Der Gitarrenvirtuose in der „Wrecking Crew“ spielte in den 60er-Jahren präzise seine Licks, der Sänger schmachtete umstandslos die Drei-Minuten-Schmachtfetzen von Jimmy Webb, der Superstar entbot Mitte der 70er-Jahre souverän seine Hits „Rhinestone Cowboy“ und „Southern Nights“. Wie jeder gute Amerikaner rang Campbell mit Alkohol, Gott, Tod und Teufel, zog nach Hawaii, kam immer mal wieder und gab niemals auf. Nun, mit 75 Jahren und drohendem Alzheimer, hat er seine letzte Platte aufgenommen und verabschiedet sich mit einer Tournee.

Es ist der Abschied eines Riesen. Der Produzent Julian Raymond, der Campbell vor drei Jahren „moderne Klassiker“ singen ließ, hat außerordentliche Stücke mit ihm geschrieben und seine Freunde Paul Westerberg, Jakob Dylan und Teddy Thompson um Songs gebeten. Westerberg komponierte mit „Ghost On The Canvas“ und „Any Trouble“ zwei große Songs, Thompsons „In My Arms“ wird vom Country-Twang von Chris Issak, Dick Dale und Brian Setzer veredelt, Jakob Dylans springsteeneskes „Nothing But The Whole Wide World“ fügt sich wunderbar in den Reigen. Das beste Stück ist „Hold On Hope“ von Robert Pollard, dem Guided-By-Voices-Mann. Liebevoll altertümliche Americana-Instrumental-Miniaturen wie „The Billstown Crossroads“, „Second Street North“, „May 21st, 1969“ und „The Rest Is Silence“ verbinden die Stücke, die Campbell als musikalische Autobiografie bezeichnet.

Die Abwesenheit von Jimmy Webb ist schmerzlich – doch Campbell und Raymond haben das letzte Lied selbst geschrieben, einen gloriosen Tearjerker mit verhalltem Gesang und Streicherbombast namens „There’s No Me … Without You“, der in einem rauschenden Finale von herrlichen Gitarrensoli kulminiert. Und eine Gitarre wird von dem verrückten Billy Corgan gespielt. A true showman knows how to disappear in the spotlight. (Surfdog) Arne Willander

Beste Songs: „Hold On Hope“, „There’s No Me … Without You“

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