Guided By Voices – Hardcore UFOs: Komplett-Box der arbeitswütigen Indie-Institution um Robert Pollard :: MATADOR

Kurt Wagner hat sich für die in Kürze erscheinenden zwei neuen Lambchop-Alben das Ziel gesetzt, jeden Tag einen neuen Song zu schreiben. Das sei ganz schön hart gewesen, sagt er. Haha, guter Witz – zumindest für einen wie Robert Pollard, der wahrscheinlich ebenso viele Songs pro Tag schreibt, wie er Biere trinkt. Und in der 95er Dokumentation „Watch Me Jumpstart“, die der Fünf-CD-Box „Hardcore Ufos“ beiliegt, sieht man ihn tatsächlich praktisch nie ohne Flasche. Am Telefon, im Proberaum, im Konzert, im Bus, in der Garage, im Keller…

Vor etwas mehr als drei Jahren erschien die Guided By Voices-Box „Suitcase“ mit 100 bisher unveröffendichten Songs. Seitdem gab’s drei neue Alben, zwei Pollard-Soloplatten und eine Best Of, die jetzt auch Teil von „Hardcore Ufos“ ist. Außerdem gibt’s hier rare Singles, B-Seiten, EP-Tracks, Unveröffentlichtes, ein Live-Album und die erste Guided By Voices-EP „Forever Since Breakfast“ erstmals auf CD. 129 Songs insgesamt natürlich keine Überschneidungen mit „Suitcase“ und vor allem eine gute Ergänzung zu dem „Box“-Set, das die Alben der Achtzigerjahre zusammenfasste, denn „Hardcore UFOs“ widmet sich – mit einigen Ausnahmen (das Frühwerk wird hier keineswegs ignoriert) – hauptsächlich der Zeit beim Matador-Label (ab 1995).

„Hardcore UFOs“ ist vor allem deswegen eine gute Retrospektive dieser fabelhaften wie erratischen Band, weil es genauso funktioniert wie ein reguläres Album. Es ist ein Dokument des Überflusses an guten Songideen, aber auch fehlender Selbstzensur und kritischer Distanz. Alles ließ Robert Pollard mitschneiden – auf Kassette, auf Tonband, am Telefon, im Proberaum, im Konzert, im Bus, in der Garage, im Keller. Man braucht Geduld, sich durch all die Stücke, das Tape-Rauschen, die unausgegorenen Songversuche zu kämpfen, wird aber regelmäßig mit Kostbarkeiten belohnt.

Das hier enthaltene tolle „Loe At The Wheelchair Races“ ist zwar ein Zusammenschnitt von unveröffentlichten Live-Aumahmen aus den Jahren 1995 bis 2002, vermittelt aber die bierselige Atmosphäre und die einen langsam in ihren Bann ziehende Melodieseligkeit eines Guided By Voices-Gigs ziemlich gut. Wenn man diese Band einmal live gesehen und die drei Stunden durchgestanden hat, braucht man eh alle Alben.

Oder zumindest erst einmal „Human Amüsements At Hourly Rates“, das Best-Of-TeiL das es auch außerhalb der Box einzeln zu kaufen gibt 32 Songs. Alle makellos. Über die Auswahl kann man natürlich bei so viel Material immer noch streiten, aber ein misslungener Song ist hier nicht zu finden. Die tollen „Hot Freaks“, „14 Cheerleaders Coldfront“ und „I Am A Scientist“ natürlich, ihr größter Ohrwurm „Glad Girls“ und sechs Songs von^Alien Lanes“-fixem besten Album.

„Hardcore Ufos“ ist ein feines Kompendium und – auf ein tragbares Teil überspielt – ein vortreffliches Vademekum, das man immer dabei haben sollteso wie Robert Pollard sein Bier.

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