Gunter Gabriel :: Sohn aus dem Volk – German Recordings
Ein Bekannter hat mir neulich gesagt, der Gunter Gabriel habe doch immer Pech gehabt, weil er ständig an Schlagerproduzenten geraten sei. Keine Ahnung, ob Gabriel selbst das auch so sieht. Aber die Beobachtung ist interessant, weil sie eine generelle Krux in dieser Karriere aufzeigt. Ein ganzes Leben lang hält Gunter Gabriel nun schon das Ideal des deutschsprachigen Country hoch – und wird doch von vielen als Schlagersänger mit Amerika-Spleen wahrgenommen. Gabriel sieht sich im Gegensatz zu Truck Stop und Tom Astor als Outlaw, will dem Schunkeln etwas Härte und Dreck beibringen. Die Biografie dazu hat er ja.
Und jetzt auch die Platte. Gemeinsam mit Produzent Wolfgang Stach (Bap, Guano Apes) sowie einer kleinen Band um BAP-Gitarrist Helmut Krumminga ist ein Album entstanden, das Gabriel zum deutschen Mann in Schwarz machen soll. Auf „Sohn aus dem Volk – German Recordings“ ist eine Reihe von Cover-Versionen, die reduziert und im Americana-Gewand gespielt werden. Gabriel verbeugt sich also ein weiteres Mal tief vor Johnny Cash, seinem Idol.
Gabriel singt Bowies „Heroes“ („Helden“) mit The BossHoss als dunkle Country-Studie, Peter Fox‘ „Haus am See“ als kaputten Blues, Ideals „Blaue Augen“ als Songwriter-Folk, unter anderen. Einer der Höhepunkte der Platte ist eine deutsche Version von Radioheads „Creep“ („Ich bin ein Nichts“), hier kein bisschen Slacker-Hymne, sondern die bittere Lebensbeichte eines Mannes im letzten Lebensabschnitt. Gabriel hat in seiner Karriere vermutlich kein intensiveres Lied aufgenommen.
Außerdem sind Gabriel einige neue Kompositionen auf den Leib geschrieben worden. Mit der Ausnahme von besagter „Creep“-Version sind diese neuen Lieder deutlich besser als die nachgespielten. Zum Beispiel der Opener „Ich geb den Rest für dich“, eine markige Mollbalade: Gabriel, dessen Stimme beeindruckend tief, zerschossen und voluminös klingt, kommt dort seinem Vorbild sehr nah. Auch sehr schön sind Klees „2 Fragen“ (mit Suzie Kerstgens im Duett), und „Das Lied“, ein langsamer, seufzender Walzer. „Spiel mir noch einmal das Lied, das so traurig beginnt/ Sing mir den Teil noch mal vor, wo das Gute am Ende gewinnt“, singt Gabriel, der diese Platte selbst als großes, unerwartetes Glück empfindet.
Mit Udo Lindenberg hat ja unlängst ein anderer alter deutscher Sänger ein solches Happy End erlebt. Wird man Gabriel zu guter Letzt so sehen, wie er selbst sich sieht? Es ist ihm zu wünschen.