Hans Nieswandt – Lazer Muzik

Dies sei doch eine Pop-Platte, erklärt die Promoterin beherzt – und doch schwant einem erst mal der Überbau. Pop! Dieses harmlos klingende Wort war für den „Spex“-Autor Hans Nieswandt stets Abstraktionsfläche für maändernde Diskurse über Sinn und Politik, soziale und subkulturelle Komponenten von Musik zur Zeit Mittlerweile erscheint Nieswandt eher als der Netzer in der Popkritik. Seine Thesen hat er mit Whirlpool Productions auf drei feinen Alben vertont, und JFrom: Disco To: Disco“ geriet gar zum Hit in Italien. Ausgerechnet Rimini, wo man zum Euro-Dance von Disco zu Disco zuckelt. Ganz klar Pop.

Er habe den Konsens der Gralshüter über die Kategorien von elektronischer Musik aufgekündigt formuliert nun im Geiste Nieswandts ein Freund im Begleitschreiben zu „Ld?er Muzik „, und mit Whirlpool „eine reformierte House-Politik“ aufgezeigt Nieswandt wolle „nicht mehr den Umständen der klassischen Kritik unterworfen sein“, heißt es weiter, „wo Worte gebraucht werden, die nicht brauchbar sind“. Davon kriegt man als rückständiger RS-Redakteur ja wenig mit. Und hört verwundert in die Platte rein.

Denn Musik gibt es natürlich auch auf „Lazer Muztk“ nämlich „H-Muzik“. „Lazer“ ist eine phonetische Pose nach der Vokabel leisure, und „H-Muzik“ bedeute „Hans-Musik“, was possierlich wie perfekt von House Music abgeleitet ist In dieser Wortspielhölle schwingen das Archiv des DJs und der Narzißmus des Denkers mit „12 Ton“ ist der erste Track betitelt ein marschierender und doch zerfließender Klang-Bastard aus House-Orgel Break-Beats, Funk-Fragmenten und Techno-Blech, für den Nieswandt im Booklet gleich die Definition mitliefert: „Tonalität ist gleich These, Atonalität ist gleich Antithese. Ist die Anthithese fixiert, muß die Synthese kommen…“ Das sind sie, die „Mental Moments“, wie das zweite, stampfende Stück heißt die Musik-Theorie und der Pop im Kopf- aber auch Ironie. Bei aller Durchdachtheit finden seine Loops oft zum Song und bleiben doch beim tanzbaren House. „Freaks, I See Life“ basiert auf einem Disco-Beat aus den späten Achtzigern, und amüsiert hört man einen Sprechsänger den Buchstaben „H“ wiederholen, als scratche jemand in einer Vinylrille, „Got Me Hot“ ist Dancefloor mit 70er-Funk-Zitaten. Das Gesangsstück „It’s Not Over“ beginnt mit romantischem Gitarrengezupfe und ist versehen mit dem Zusatz „The Bailad Of David Beckham“. Gemeint wird wohl der ManU-Mittelstürmer David Beckham sein, der ausschaut wie der junge George Michael und das Posh-Spice-Girl geheiratet hat Top of the Pops.

Lassen wir mal die großen Gedanken beiseite, ist in Hans Nieswandts Soundsystem ist eine erstaunlich lässige und schwoofende, ahm, Pop-Platte entstanden. 3,5

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