High Land, Hard Rain :: Roddy Frames sechs Alben in erweiterten Buchform-Editionen

Vielleicht ist im effizienzabhängigen Pop-Gewerbe kein Platz mehr für romantische Visionäre. Anders lässt sich nicht erklären, warum ein Mann wie Roddy Frame seit sechs Jahren kein Album veröffentlicht hat. Für alle, die den schottischen Songwriter verehren, gibt es jetzt die sechs Alben seiner wunderbaren Band Aztec Camera in opulent ausgestatteten Editionen samt Bonus-Songs, Alternative Mixes und Live-Mitschnitten.

1983 gelang dem gerade mal 19-jährigen Frame mit „High Land, Hard Rain“ ein betörendes Debüt voll spröder Lagerfeuer-Idylle und quirliger Akustik-Hits, von denen jedoch nur „Oblivious“ und „Pillar To Post“ kleine Erfolge wurden. Frames Gitarrespiel klang, als wären die Violent Femmes in einen Topf mit Paul-Simon-Melodien gefallen.

Auf „Knife“ (***) hatte Produzent Mark Knopfler der Band dann alles Dilettantische und alle Naivität ausgehaucht. Dafür hört man in „Still On Fire“ die käsigen Synthesizer späterer Dire-Straits-Alben. Nicht viel besser wurde es auf „Love“ (***1/2), auf dem Frame wohl versuchte, den Sophisti-Pop von Prefab Sprout und Scritti Politti nachzuahmen. Auf der Bonus-CD wird deutlich, wie er sich mit den kalten, bisweilen lieblosen Arrangements der Zeit abmühte, aus denen immerhin die Single „Somewhere In My Heart“ und die Monster-Ballade „Killermont Street“ herausstechen.

Mit „Stray“ (****) fand Frame endlich seinen Sound, der Eleganz und Wärme gleichermaßen transportiert, vom zarten Titelstück über die Jazz-Meditation „Over My Head“ bis zur krachenden Clash-Hommage „Good Morning Britain“ mit Mick Jones. Noch besser wurde es auf „Dreamland“ (****1/2), für das Frame den japanischen Filmmusikkomponisten Ryuichi Sakamoto gewinnen konnte, der die schwelgerischen Songs ebenso kunstvoll wie künstlich in Szene setzte.

Mit „Birds“, „Black Lucia“ und „Pianos & Clocks“ übertraf er George Michael, U2 und Paddy McAloon quasi im Vorbeigehen, nur bemerkte das anscheinend niemand, weshalb er es mit „Frestonia“ (*****) gleich noch einmal versuchte – bis heute sein finales Meisterwerk. Die erhebende Melancholie in „Rainy Season“ und „Imperfectly“, die überbordenden Liebeslieder „Crazy“ und „Debutante“ und das schwärmerische Beatles-Zitat „Method Of Love“ blieben selbst im höhepunktreichen Jahr 1995 unerreicht. Frame berauschte sich längst an seinen eigenen lyrischen Traumwelten.

Die spärlichen Konzertmitschnitte können dieser Grandezza nur wenig hinzufügen. Aber Frames beseelte Stimme wirkt auch auf der muffigsten Aufnahme noch berückend. (Edsel/Soulfood) max gösche

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