High Llamas – Hawaii
Früher, im Zeitalter der Vinyl-Platten, gab es die schöne Einrichtung der Auslaufrille. Das war die Chill-Out-Zone der Zeit vor CD und Techno. Die Platte drehte sich noch, und man hörte ein gemütliches Rauschen, das meditativ und beruhigend wirkte. Nun zeigte sich, welche Wirkung die gerade abgelaufene Musik gehabt hatte: Bei manchen Rock-Platten hatte man das Gefühl, in eine Schlägerei verwickelt gewesen zu sein. Manchmal gab man der Auslaufrille keine Chance und drehte gleich um. Und in den besten Fällen bot sie einem die Möglichkeit, langsam wieder wach zu werden; zurückzukommen von einem grandiosen Trip.
Die Musik der High Llamas paßt eigentlich gar nicht zum Tonträger CD. Ihr Fluidum ist historisch: Vor dem geistigen Auge dreht sich das schwarze Vinyl, schemenhaft tauchen vergilbte Bilder der Beach Boys und Straßenszenen aus Hollywood-Filmen der 50er Jahre auf. Gäbe es hier eine Auslaufrille, ihre Wellen müßten lange anschlagen, um einen herunterzuholen von diesem langen, seltsamen Trip. Nebenbei: Es gibt auch ein Doppel-Vinyl-Album von „Hawaii“ – für Nostalgiker. Eine Reise, die nicht die Virtualität der Elektronik-Expeditionen von Goldie und Aphex Twin besitzt, sondern in ihrer Hippiehaftigkeit geradezu wie ein Ausflug in die gelb-grüne Natur wirkt Die Platte sollte besser „California“ heißen. Der Ire Sean O’Hagan hat aus musikalischer Sehnsucht nach Amerika heraus 29 Stücke geschrieben, sie laufen ohne Unterbrechung durch, etwa die Hälfte davon sind Instrumental-Aufnahmen.
Trotz der zuweilen hippiesken Aura: Dies ist keine Rauch-mal-wieder-einen Joint-Platte. O’Hagans in jedem Ton hörbare musikalische Paten sind Brian Wilson. Van Dyke Parks und Filmmusik-Komponisten wie Henry Mancini. Es gibt nichts Verschwommenes, Mystisches, süchtig macht das Helle, Klare dieser Musik: Sie gehört der Sonne, nicht dem Mond. Das reicht, um glasige Augen zu bekommen. Darüberhinaus sind Lieder wie „eppy“ tolle Radio-Songs.
„Orange Crate Art“ was a place Start – hier, im trüben Europa, wird das Garn weitergesponnen. Ich kann mir kaum etwas Helleres vorstellen als einen Tag, an dem diese Platte immer wieder läuft.