Hot Rods & Custom Classics – Cruisin‘ Songs & Highway Hits :: Rhino R 275688/Contraire
Das beste Box Set, das Rhino je vorlegte – dies hier nämlich – war eigentlich längst überfällig. Denn neben Sex und Drogen und dem ganzen Rock’n’Roll an und für sich haben wenige Themen die Phantasie zahlloser Songschreiber von den Beatles und Jeff Beck – auch privat bekanntlich Spezialist in der Materie – bis zu Townes Van Zandt und Frank Zappa nachhaltiger stimuliert als flotte Autos und all das, was man mit und in ihnen anstellen kann. Dabei sind die genannten Musiker in dieser Luxux-Box genauso wenig vertreten wie David Bowie („Always Crashing In The Same Car“), Lightnin‘ Hopkins („Automobile Blues“), Bruce Springsteen („Stolen Car“) und viele andere, die Denkwürdiges zu diesem Thema schrieben.
Denn wenn man das wirklich einigermaßen erschöpfend behandeln wollte, hätte man locker Material für drei solcher Sets gefunden. Statt dessen übte man sich wieder in Beschränkung. Weshalb Autonarr Chuck Berry zwar mit drei Songs vertreten ist („No Particular Place To Go“, „Maybellene“ und „No Money Down“), drei nicht minder wichtige andere („Down The Road Apiece“, „I Want To Be Your Driver“ und Jaguar And Thunderbird“) wiederum fehlen. Und Lowell Georges „Willin'“ auch, weil man bei Rhino wahrscheinlich längst an der definitiven Retrospektive der besten Trucker-Hymnen arbeitet. Ganz zu schweigen von Springsteens Highway: „Cadillac Ranch“, „Wreck On The Highway“, „Drive All Night“, „Born To Run“, „Thunder Road“ und „Racing In The Street“ – das wäre natürlich schon eine eigene Sammlung. Dylan fuhr ja Motorrad.
Natürlich bietet das Set unter den 84 Songs Genre-Klassiker en masse, angefangen von Hank Williams‘ „Lost Highway“, Howlin Wolfs „Mr. Highway Man (Cadillac Daddy)“ und „Little Deuce Coupe“ von den Beach Boys bis zu Wilson Picketts „Mustang Sally“ und Mose AUisons „V-8 Ford Blues“ oder „Rockin‘ Down The Highway“ von den Doobie Brothers. Aber im Grunde ist das hier die wunderbarste Fundgrube für Raritätensammler nämlich wegen der vielen Dutzend sicher weniger geläufigen Aufnahmen: Billy „The Kid“ Emerson mit der 1956er Originalaufnahme von „Every Woman I Know“ (und nicht Ry Cooder mit seiner Cover-Version mit dem Titel „Crazy T3out An Automobile“), David Lindley mit dem „Mercury Blues“ (nicht Steve Miller mit der von ihm komponierten und mehrfach aufgenommenen Vorlage), „Pink Cadillac“ mit Sammy Masters & His Rodung Rhythm (und nicht ein gutes Dutzend bekannterer Aufnahmen desselben Titels), „Stolen Car“ von den Green Hornets (und nicht Springsteens gleichnamiger Song) usw. Zwischendurch finde man in dieser Wundertüte auch bekannteres Liedgut („On The Road Again“ von Canned Heat, „Road Runner“ von Bo Diddley, „Ride On, Josephine“ von George Thorogood und seinen Destroyers oder auch „Drive South“ von John Hiatt. Aber das vielleicht auch nur, damit sich nicht gleich alle Käufer der Box wie Anfänger in dieser Materie fühlen müssen.