HURRICANE # 1 :: Creation/Sony

Unruhe im Oasis-Hauptquartier. Krisensitzung. Information haben gemeldet: Dem alten Creation-Veteranen Andy Bell, der zuletzt mit Ride in den Außenbezirken des Britpop-Rummels versackte, soll mit seiner neuen Band ein frischer Wurf gelungen sein. Das hätte keiner gedacht. Genau genommen hat man sowieso sehr wenig an Andy Bell gedacht. Jetzt hat er eine Band gegründet, die zur echten Gefahr werden könnte. Liam brüllt seine Berater an: Was machen diese kleinen Bastarde? Im Auge behalten! Überwachen! Berichten!

Hier also ein kleines Observationsprotokoll über das Objekt Hurricane#1. Am beunruhigensten erscheint uns ihr Sänger, ein smarter Schotte. Merkwürdigerweise heißt er Alex Chilton, eventuell ein Deckname. Er singt manchmal, als wollte er aus den Songs herausplatzen. Als wollte er diesen lästigen Umweg über eine Pop-Platte abkürzen und uns ganz direkt zur Anbetung zwingen: Ich bin jung! Ich bin der Größte! Ich kann singen wie Elvis Costello, als der noch jung und der Größte war! Die Songs, auch das macht uns Sorgen, zeugen von einer langjährigen und gründlichen Beades-Rezeption. In „Mother Superior“ sind die Bezüge überdeutlich und äußerst geschickt verarbeitet: Von „Happiness is a warm gun“ (Text) bis „Baby you’re a rich man“ (Melodie) ist alles drin – aber sie führen das Ganze als Premiere auf, als wären sie die erste Band der Welt. Sie klingen auf eine merkwürdige Art organisch: All ihre verstreuten Einflüsse, neben Beatles und Costello auch Trafik und The Jam, fließen zu etwas Majestätischem zusammen. Sie sind wie der gemorphte Terminator, den man noch so oft in Einzelteile zerlegen kann: Am Ende setzt er sich wieder zusammen und bewegt sich langsam, gravitätisch, aber zielgerichtet durch den Raum. So ähnlich ist diese Platte. Ihre Melodien, das sollte man noch erwähnen, sind unvergeßlich. Hurricane#1 verbinden Eleganz und rohe Energie wie lange keine britische Band mehr.

Liam Gallagher schaut zerknirscht aus dem Fenster. Zum ersten Mal seit sehr, sehr langer Zeit hat er ein jetzt bißchen Angst.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates