Hurts :: Happiness

Stilsichere Synthie-Balladen, konsequent in Schwarz-Weiß

Wer kürzlich seine Platten von Gazebo oder Alphaville aus der Sammlung aussortiert und auf dem Flohmarkt verscherbelt hat, sollte hier nicht weiterlesen. Denn Hurts knüpfen direkt da an, wo Disco Lento irgendwann in den 80er-Jahren aufgehört hat. Die auf Italo- und Euro-Disco zurückgreifenden Synthie-Balladen des Duos aus Manchester reanimieren das unterkühlte Pathos der Vergangenheit und verknüpfen es mit unwiderstehlichen Hooklines, melancholischen Untertönen und stilsicherer Eleganz. Hinzu kommen große, glamouröse Melodien und noch größere Gefühle. Sänger und Dandy Theo Hutchcraft und Gitarrist/Keyboarder Adam Anderson, beide geheimniskrämerische Anhänger einer konsequenten Schwarz-Weiß-Ästhetik mit Hang zur Theatralik, weiden sich in geschmeidigen Arrangements am gehobenen Weltschmerz, bis es nicht mehr weh tut.

Ihr Debütalbum „Happiness“ birgt mindestens drei Hits, darunter die umwerfende Single „Wonderful Life“, weswegen die Band schon jetzt als die neue Pop-Hoffnung des Jahres gilt. Die leicht affektiert und trotzdem eindringlich vorgetragenen Textzeilen „Don’t let go/ Never give up, it’s such a wonderful life“ dürften bald zum Zitatenschatz jedes modisch versierten Schwerenöters gehören. Ist alles nicht so schlimm, solange man einen schicken Anzug zur Hand hat. Eingängige, pompöse und nah am Kitsch wandelnde Schmachtfetzen wie „Blood, Tears & Gold“ oder „Better Than Love“ vermitteln Ennui und Euphorie gleichermaßen.

Der einzige Vorwurf, den man Hurts machen kann, ist der, dass sie die Weiterentwicklung und Ausdifferenzierung des hedonistischen 80er-Jahre-Sounds oft nicht weit genug treiben – oder dass sie schlichtweg die richtige Musik zur falschen Zeit machen. Man wüsste gern, wie Peter Illmann oder Stefanie Tücking sie bei „Formel Eins“ anmoderieren würden. Heute kommt es mir jedenfalls vor, als wenn es gestern wäre. (Four) Alexander Müller

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates