Ian Hunter – The Artful Dodger

Manchmal kommt das Werk dem Künstler näher, als ihm lieb sein kann. Und aus der rhetorischen Frage wird viel zu schnell eine gar zu reale: „Is there life, is there life – is there life after death?“ (Ian Hunter, 1979, auf „You’re Never Alone With A Schizophrenie“) Das erste Lebenszeichen des Mannes mit der Brille nach dem frühen Ableben seines nicht nur musikalischen Zwillingsbruders Mick Ronson kommt nun ausgerechnet aus Norwegen (!), of all places. Und obendrein ausgerechnet zu einer Zeit, da der Name Mott The Hoople von Wilco bis Imperial Drag wieder gern in die Debatte geworfen wird, wenn die Kunst des Epigonalen auf seine Ursprünge abgeklopft werden solL Schicksal oder Zufall? Im Zentrum von „The Artfttl Dodger“ (frei übersetzt etwa: „Gauner mit Niveau“) steht jedenfalls – kaum zufällig – ein Requiem für den verlorenen Freund: „Michael Picasso“

sucht nach Worten für eine Erkenntnis, die so fundamental ist, das sie nur stumm machen kann. Tod und Vergänglichkeit, Veränderung und Erinnerung auch im wohl besten Song der Platte: „Resurrection Mary“ rekapituliert ein unvergeßliches Rendezvous mit einer komischen Heiligen auf den windigen Straßen von Chicago. Persönlich gefärbte Impressionen wie diese verhalfen Ian Hunter stets zu genuin Eigenem, halfen das Epigonale zu transzendieren, das seinen konventionell gestrickten Rock-Songs immer und immer noch anhaftet(e).

Auch heuer lugt Bowie wieder aus der Kulisse, Dylan dito. Und was den Fall Springsteen angeht („Something To Believe In“), muß die berühmte Frage nach der Henne und dem Ei bemüht werden. Keine Experimente also. Und in der zweiten Hälfte verliert sich das Album doch arg in bemühter Selbstironie und viel Allerwelts-Klamauk. „Still The Same“, singt Hunter zum Schluß und weiß doch: alles beim alten, doch nichts, wie es war. All the young dudes haben ausgedient. Auch, wie klingt Rock aus Norwegen? Nun, dies ist nicht die E-Street Band. Und „The Artful Dodger“ hat selbst in seinen stärksten Momenten nicht die schiere Wucht, das hintergründige Excitement von „Ybu’re Never Alone…“

Aber wacker schlagen sie sich allemal, die Studiocracks aus dem hohen Norden.

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