Jack – Pioneer Soundtracks
In der Plastik-Verschachtelung, an der Stelle, über der die CD liegt, sieht man Hochhäuser-Silhouetten in der Dämmerung. „Druty is in her lover’s arms/ It is London in the morning/ Behind them the skyline burning/ The riots meaning nothin‘.“ So beginnt eine neue Übung in britischer Boheme und bittersüßem Romantizismus, ein Streifzug auf der Schnittstelle vom zweiten Album der Tindersticks und „After Murder Park“ von den Auteurs, zwischen ABC und The The, zwischen gutem, fettem Eklektizismus und dem ganz Neuen, das irgendwo hinterm Britpop dämmert.
Jack sind ein Miniatur-Orchester mit sieben Musikern und einem Sänger und Texter, Anthony Edwards, der per Beschluß ein Star sein will. Mit den Singles „Wintercomessummer“, „White Jazz“ und „Biography Of A First Son“ (siehe Würdigung von Wolfgang Doebeling in „45 R.P.M.“!), eine schöner als die andere, brachten sie die Kritiker schon auf ihre Seite. „Pioneer Soundtracks“ ist eine Passage durch die Verästelungen ihrer Stadt, ein Album von Flaneuren und Connaisseuren, das Schmiß und Melancholie in seltener Leichtigkeit versöhnt – ein mild fatalistischer Kommentar aber auch zum Ende des Jahrtausends.
Kennerhaft haben Jack den Produzenten Peter Walsh engagiert, der Scott Walkers Monolithen „Climate Of Hunter“ und “ Tut“ betreut hat um was zu erreichen? Das Brüchige, Lückenhafte, Schwebende, Unfaßliche der Walker-Alben ist weit entfernt von den harmonischen, alles verbindenden Streicher-Arrangements der „Pioneer Soundtracks“. Auch inhaltlich versuchen Jack noch einmal, alles mit allem zu verbinden: „So now I walk these streets/ And somewhere it’s summer/ And someone’s birthday/ And as September is dawning/ Who‚ll be beside you/ To sleep with you in the morning?“ Nein, originell sind Jack noch nicht, am wenigsten im Schlußlied „Hope Is A Liar“ – so plan hätte Morrissey nie gedacht. Sie spielen am besten die Morgenmusik, die Melodien des Aufbruchs: „We can catch a train/ So we can start again/ Where no one knows our filthy names.“
Das Neue ist noch nicht da, aber aus der Dekadenz ersteht verläßlich der alte Glamour.