Jackson Browne – Looking East

Ifktra WEA Zyniker hatten schon immer leichtes Spiel mit Jackson Browne. Soziales Engagement, No Nukes!-Postulate und Öko-Getöse sind in den Augen dieser reizenden Zeitgenossen schlimm genug, legen sie doch ihr eigenes mieses Polit-Gewissen bloß, doch wenn dann Gerüchte auftauchen und sich verdichten, an einem moralischen erhobenen Zeigefinger klebe Blut, Dreck oder Scheiße, wird die Häme kübelweise ausgegossen. Jackson Browne kennt das Gefühl, publizistisch gemeuchelt zu werden. Der Umstand, daß dieMotive für den Freitod seiner Frau im dunkeln lagen, wo sie im übrigen hingehören, war bereits vor 20 Jahren Anlaß für so manchen süffisanten Kommentar. Uns interessiert der Wahrheitsgehalt solcher Verdächtungen nur in zweiter Linie. Wichtiger ist: Hält Brownes Neue einen Vergleich mit seiner brillanten Debüt-Trilogie der Jahre 1971 bis 1974 stand? Die Antwort, das wird keinen überraschen: Natürlich nicht. Aber kann sie sich mit „l’m Alive“ messen, jener LP, die vor drei Jahren die Wiederkunft des Jackson Browne als Singer/Songwriter extraordinaire signalisierte? Leider nein. Enttäuschungen verleiten zu negativen Überschreibungen, und man ist geneigt, „Looking East“ nach dem ersten Hören in Bausch und Bogen zu verdammen, so wie man alle Browne-Alben der 80er Jahre mit guten Gründen als minderwertig abgehakt hat. Doch dieses Album wehrt sich gegen leichtfertige Kategorisierung. Browne hat ein paar schöne Songs verfaßt und ein paar mittelmäßige. Schon das unterscheidet „East“ von ^ilive“, dürfte aber nicht einmal bei Hardcore-Fans zu Zerknirschung fuhren, war Mediokrität doch stets konsumtives Moment Brownescher Poesie. So berückend seine Melodien oft waren, sein Gesang, seine Arrangements, so seltsam blutleer waren meist die Worte, immer knapp vor der Schwelle zum Klischee. Es gibt Ausnahmen, „Before The Deluge“ etwas oder „These Days“, doch sie sind, wie es so treffend heißt, few and far between. Brownes Song-Gepäck ist also leichtgewichtig, und erschwerend kommt hinzu, daß Jackson Browne hier und da auf Latino-Karibik macht, ab sei er Absolvent der Jimmy-Buffett-Schule für schwer erziehbare Leichtmatrosen. „Nino“ ist überflüssig und „It’s One“ ein aufgeblasenes Nichts, doch findet sich auch Substantielleres. Das Interplay zwischen Gitarren und Orgel auf „The Barricades Of Heaven“ ist so laid-back, daß es schon wieder beeindruckt, und Ry Cooder hilft dabei, dem eindeutig besten Track, „Baby How Long“, Leben einzuhauchen. Hätte es das Album „l’m Alive“ mit seinen offenherzigen Einblicken in Jackson Brownes Gefühlswelt nicht gegeben, wäre die unverbesserliche Weltverbesserer-Attitüde von „Looking East“ wahrscheinlich besser zu verdauen. Ein Schritt vor, zwei zurück. Wolfgang Doebeling

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