James Carr – You Got My Mind Messed Up
James Carr – You Got My Mind Messed Up (GOLDWAX)
Die ultimativen Statements des Southern Soul. James Carr hatte bei den Fellow Travellers und den Harmony Echoes den Gospel absorbiert, bevor sein späterer Mentor Roosevelt Jamison auf den stimmgewaltigen Jungen in Memphis aufmerksam wurde und ihm einen Deal bei Goldwax verschaffte. Hier fand Carr ideale Produktionsbedingungen für seine rohen, sich jeder Nivellierung entziehenden Interpretationen vor: Geld genug, um die Platten in die Läden zu kriegen, aber nicht annähernd genug, um im Studio Flausen zu fangen und die paar Spuren vollzumüllen. Und Musiker, die mit Bauch, Becken, Herz und Hirn zu Werke gingen. Gleich der erste Track, das panisch verzweifelte „Pouring Water On A Drowning Man“, eruptiert mit einer Intensität, die Angst macht. Carr singt durchweg, als sei es sein letztes Mal. Das Eifersuchtsdrama „The Dark End Of The Street“, oft gecovert und nie erreicht, definiert den überstrapazierten Begriff „Deep Soul“. Tiefer geht’s nimmer. 5,0
James Carr – A Man NeedsA Woman (GOLDWAX)
Zwei Jahre nach seiner rot glühenden Debüt-LP, 1968 also, raffte sich Carr zur zweiten Großtat auf. Wieder produziert von Quinten M. Claunch und Rudolph V. Russell, wirkt „A Man Needs A Woman“ etwas verhaltener und durch ein Mehr an Bläsern und Backgroundstimmen weicher, doch gilt das nur für wenige Cuts. Wie sich Carr in die Titel-Ballade schafft, ist sensationell. Nach diesen beiden brillanten Alben ging es indes böse bergab für den Hohepriester der Intuition. Er verarmte, erkrankte und wurde dermaßen mit Pillen abgefüllt, dass er bei einem Konzert buchstäblich zur Salzsäule erstarrte. Die Reissues basieren auf den Analog-Tapes, wummern entsprechend archaisch und mit vorbildlicher Dynamik. Mit knapp 40 Mark pro Platte nicht billig, doch muss man für die Originale inzwischen gut das Zehnfache berappen. Für Soul-Massagen dieser sinnesverwirrenden Art ist freilich auch das kein Cent zuviel. 4,5
James Brown – The Payback (POLYDOR/UNIVERSAL)
Der Godfather Of Soul hatte 1971 zwei Zäsuren gesetzt. Erstens unterschrieb er bei Polydor, einem Label, das vom Funk so fern war wie von der Sonne. Und er stellte mit den JBs eine neue Backing Band zusammen, featuring Fred Wesley und Maceo Parker. Mit diesem hochklassigen Personal nahm Brown in Georgia dieses 1973 erschienene Konzept-Doppel-Album auf, stilistisch im Spannungsfeld zwischen Sly-Stone-Rock und Old-School-Soul. „Doing The Best I Can“ dekliniert Marvin Gaye, Curtis Mayfield, Billy Paul und reichert die Melange mit Jazz-Sentenzen an, die anderen sieben (langen) Cuts changieren ähnlich eklektizistisch und überambitioniert. Die Rhythmen freilich sind famos, der Klang perfekt und das Cover zum Aufklappen. 3,5
Stevie Wonder – Music Of My Mind(TAMLA MOTOWN/UNIVERSAL)
Den Wunderkindjahren entwachsen und von der Motown-Hitfabrikation entfremdet, finanzierte Wonder „Music Of My Mind“ selbst, spielte fast sämtliche Instrumente und produzierte das Album scheinbar an seinem Markt vorbei. Gleich der Opener „Love Having You Around“ ist ein strukturarmes, flatterhaftes Stück Soul-Pop, während das mit acht Minuten Spielzeit noch etwas längere „Superwoman“ formal zwar als epische Ballade durchgeht, jedoch ohne den Versuch zu machen, eingängig zu sein, Wonder bemüht jazzige Moll-Akkordik und macht in Skat-Phrasierung. Die Kritik schüttelte traurig den Kopf, die Käufer übten Zurückhaltung, und dennoch gilt die verquaste Kopfgeburt heute als Wonders Einstieg ins ernstere, experimentierfreudigere Fach. „Stevie Wonder comes ofage“, proklamiert das Cover, „now he’s free.“ Frei von Songs allemaL 2,5
The Byrds – Preflyte (POPTONES)
Von Together Records 1969 erstmals veröffentlicht, fünf Jahre post festum, fängt „Preflyte“ die Byrds als halbflügge Folk-Rocker ein. Der berühmte Jinglejangle-Sound aus Roger McGuinns Rickenbacker klang noch angelernt, die Erbanlagen waren wohl noch allzu dominant: Folk, Hootenanny und Mersey Beat, vor allem The Beatles und The Searchers. 4,0
The Buzzcocks – Small Songs With Big Hearts (GETBACK/CARGO)
Im Studio konnten die Buzzcocks ihren Schrapnell-Pop noch stromliniger gestalten, doch beweist diese Live-Doppel-LP, dass sie auch auf der Bühne mit Bravour agierten. Aufgenommen im November 1979 im Rainbow Theatre in Finsbury Park, im Norden Londons also, sind es vor allem die Punk-Pop-Nummern wie „I Don’t Mind“ und „Noise Annoys“, die begeistern. Foldout-Cover, tolle Fotos. 2,5
Radio Birdman – The Essential Radio Birdman (5UB POP/CARGO)
Exzellente Retrospektive einer der wichtigsten australischen Bands überhaupt Sicher kein Ersatz für die seinerzeit wegweisenden Originale, aber prima aufgemacht Siehe auch die Rezension von Michael Ruff.4,0