James Taylor – October Road :: COLUMBIA/SONY

Mittelprächtige Konfektionsware von dem moderaten Tenor Wenn James Taylor 30 Jahre nach seinem ersten Grammy (mit Carole Kings „You’ve Got A Friend“) dieselbe Kategorie („Best Male Pop Vocal Performance“) mit seinem eigenen Song „Don’t Let Me Be Lonely“ im Februar 2002 erneut gewinnen kann, muss er irgendwas richtig gemacht haben. Aber es beschreibt auch sein Dilemma.

„Der Sänger/Songschreiber“, schrieb die US-Kritikerin Janet Maslin Mitte der 1970er, „ist per definitionem eine so unwiderstehliche Persönlichkeit, dass die Nuancen seiner (…) Interpretationen niemals durch Interpreten mit hübscheren Stimmen übertroffen werden können.“ Gut, Al Jarreau lieferte mit seiner Version von „Fire & Rain“ ein zwingendes Gegenargument, doch kann James Taylor als Musterbeispiel dieser These gelten: Er war sich immer schon selbst die „hübschere Stimme“.

Sein gewinnender Tenorwar und ist sein großes Kapital, aber er stand Taylor auch im Wege. Weil er verhindert hat, dass er als Songwriter dieselbe Credibility wie etwa sein Zeitgenosse Neil Young erreichen konnte (der mehr schlechte Alben gemacht haben dürfte). Wenn Taylor heute singt, „I was a mean old man“, dann ist der Trost des Vortrags unwiderstehlich und unsinnig zugleich. Und Taylor wieder der brave Chor-Schüler, der mal ordentlich über die Stränge schlagen will.

So bleibt er immer „Sweet Baby James“, auch auf „October Road“, seinem ersten Album seit fiinf Jahren, welches Steve Gadd mit Schlagwerk-Präzision ausstattet, Ry Cooder mit warmen Gitarren-Licks, Michael Brecker mit domestizierten Funk-Anleihen („Raised Up Family“). Erwachsenenmusik, gut abgehangen, MUSIK großgeschrieben.

Taylor erklärt übrigens, er spreche über seine Songs, als hätte sie jemand anders geschrieben. Weil er nicht das Gefühl habe, sie geschrieben, sondern gehört zuhaben. Was eine interessantere, späte Bestätigung einer anderen, frühen These von Janet Maslin ist. James Taylor, analysierte sie schon damals, habe „eine tiefe Abneigung dagegen, sich selbst zu sehr zu entblößen und ein unverbesserliches Bedürfnis, Augenblicke der Aufrichtigkeit zu untergraben“. Doch wer wollte an der Liebesbotschaft „Caroline I See You“ zweifeln, wenn sie von dieser Stimme überbracht wird?

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