Jarhead :: Start 6.1.

Kein anderes Genre ist so überschaubar wie das des kritischen Kriegsfilms. Wir sprechen dabei nicht von den zahllosen Action- und Söldnerfilmen. Krieg ist die Fortsetzung gesellschaftlicher Konflikte, und die sechs, sieben endgültigen Meisterwerke darüber sind längst gedreht, meist jeweils im Abstand eines Jahrzehnts. Zuletzt hat sich Steven Spielberg auf diesen schmalen Grat begeben mit „Der Soldat James Ryan“, das war 1997. Nun ist es Sam Mendes, der sich mit der dunkelsten, unausrottbaren Seite der menschlichen Existenz auseinandersetzt.

„Jahrhead“ beginnt kurz vor dem ersten Golfkrieg. Der junge Swoff (Jake Gyllenhaal) verpflichtet sich 1989 bei den Marines. Nach seiner Ausbildung Zum Scharfschützen zählt er zu den ersten Einheiten, die in die kuwaitische Wüste verlegt werden. Swoff und seine Kameraden brennen mit Abenteuerlust und Überlegenheitsgefühl darauf, gegen Saddam losschlagen zu dürfen. Doch nichts passiert. Monatelang harren sie in ihren engen Zeltbaracken aus, vertreiben sich die Zeit mit Skorpion-Kämpfen, machohaftem Gebaren und beim Football mit Gasmasken. Vor Langeweile staut sich ihr Frust zu klaustrophobischer Aggression auf, und beim Masturbieren hilft Swoff bald nicht mal mehr ein Foto seiner halbnackten Freundin, von der er sich schließlich in einem Alptraum betrogen fühlt.

Als sie endlich ihren Einsatzbefehl erhalten, marschieren sie durch ein menschenleeres Land. Die endlose Wüste ist gleißend, der Himmel tiefschwarz von lodernden Ölquellen. Die Infanteristen dürfen die Reste sichern. Der Krieg ist an ihnen vorüber gezogen, erledigt von den Präzisionsbomben. Auf einer Straße stoßen sie auf hunderte verkohlte Leichen in ausgebrannten Autos. Unter Feuer geraten sie nur versehentlich von der eigenen Luftwaffe. Selbst als Swoff endlich durchs Zielfernrohr einen Schuß losjagen könnte, wird er in letzter Sekunde zurückgepfiffen – und rastet aus. Am Ende, als er wieder Zuhause ist, klagt er, „keine Action“ erlebt zu haben.

Jarhead“ macht keine Politik, ja ist nicht mal dem Patriotismus oder Pathos verpflichtet. Das Sternebanner gibt es kaum zu sehen. Mendes zeigt mit faszinierenden Kameraperspektiven ambivalent die Absurdität im Krieg wie viele Große des Genres, vor denen er sich als Teil der Popkultur auch mit bissigem Humor raffiniert verneigt. Etliche Szenen erinnern an „Full Metal Jacket“. Ein Video von „Die durch die Hölle gehen“ ist mit einem Porno überspielt worden, in dem ein Soldat seine Ehefrau erkennt. Und bei einer Vorführung von „Apocalypse Now“ johlt die Kompanie in Partystimmung den Walkürenritt mit, als der Film abbricht. So verpassen sie Marlon Brandos kathartisches Geraune „the horror, the horror“. Swoff sagt zuletzt: ,Jeder Krieg ist anders. Und jeder Krieg ist gleich.“ Die Aussage gilt auch für diesen superb stilisierten Film.

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