Jazz von Seckendorff
„Some Cats Know“ (Telarc/ in-akustik) how to make my honey flow“, singt JEANIE BRYSON und bleibt dieser Behauptung keine Sinnlichkeit schuldig. Wie sie überhaupt keinem der 14 Songs aus dem Repertoire der legendären Peggy Lee etwas schuldig bleibt: weder die dezenten Latin-Grooves, noch die gelungene Balance zwischen cooler Ironie und warmem Bluesfeeling. 4,0
Eine reife Leistung der betont seriöseren Art ist die Suite „Time And Circumstance“ (Columbia), mit der MARCUS ROBERTS sich der Zweierbeziehung nähert. Der Pianist stammt aus der Wynton-Marsalis-Ecke. Insofern ist es nicht erstaunlich, wenn er neben seinem Trio auf dem klassischen Sektor aktiv wird und George Gershwins „Rhapsody In Blue“ aus Jazz-Sicht mit Improvisationen anreichert („Portruits In Blue“ wird parallel bei Sony veröffentlicht). Mit Wyntons jüngstem Bruder Jason Marsalis (d) und David Grossman (b) gelingt Roberts ein vielschichtiges Statement zum Thema „Life Long Loveaffair“. Die ganze Historie abseits von Freejazz und Fusion ist präsent, Monk stärker als Bill Evans: keine Verklärung der Liebe, sondern gewagte Stimmungswechsel. 4,0
Gereift präsentiert sich auch RACHEL Z. Mit bedeutsamen Frauen – von ihrer Mutter bis zur Malerin Artemisia Gentileschi hat sich die Pianistin (Steps Ahead, Wayne Shorter) auseinandergesetzt. Bedeutsame Musikerinnen standen ihr zur Seite: Cindy Blackman und Terri Lyne Carrington (d), Tracy Wormworth (b), Regina Carter (viol) und für zwei Orchester-Arrangements Maria Schneider. Mit „Room Of One’s Orm“ (NYC/SMD) reiht sich Rachel Z ein unter die bemerkenswertesten Vertreter des zeitgenössischen Jazz. 4,0
Von Kopf bis Fuß auf Marlene eingestellt waren TILL BRÖNNER und sein Quartett, als sie mit dem Deutschen Symphonieorchester Berlin „German Songs“ (minor/ARIS) aufnahmen. Eine Streicher-Allergie sollte besser nicht haben, wer sich „Für eine Nacht voller Seligkeit“ diese mit Jazz-Ambitionen aufgebackenen Edelschlager reinzieht. Till hat aber auch Puristisches nach eigenem Rezept unter die Nostalgie-Ware gemogelt – und eine Version von „Bare Necessities“, mit der dieser brillante Trompeter dem Bären Balou garantiert keine Konkurrenz macht: Als Sänger wirkt er wie ein ungemütlicher Schnösel. 3,0
Als Mastermind des Hieroglyphics Ensemble hat PETER APFELBAUM Aufsehen erregt. Die Arrangements sind diesmal aber nicht das Pfund, mit dem er wuchert. Für sein Sextett setzt der Saxophonist und Klavierspieler vor allem auf verzwickte Bläser-Unisoni à la M-Base und einen Polyrhythmus-Cocktail aus Funk und Afrikanischem. Nicht uninteressant, doch an „leuchtendem Zauber“ fehlt es den „Luminous Charmes“ (Gramavision/EFA). 3,0
Den hat um so reichlicher ein überraschendes Duo: KENNY BARRON kennt man als den Sideman unter den Hardbop-Pianisten, MINO CINELU als vielseitigen Percussion-Spieler (Sting, Hancock u. a.). Auf „Swamp Sally“ (Verve) lernt man außerdem kennen und lieben: den Bassisten Barron sowie den Sänger Cinelu, der manchmal sogar Banjo oder Gitarre spielt. Man begegnet zwei unorthodoxen Vollblutmusikern, denen schon zwei Takte Funk-Groove genügen, um loszulegen: Swamp Swing aus dem Süden, aber auch freie Improvisationen, wie sie Barron kaum einer zugetraut hätte. 4,0
Seine großen Zeiten hinter sich hat HORACE SILVER. Live rettet er sich in lieblose Routine. Auf CD klingt „The Hardbop Grandpop“ (GRP) trotz illustrer Besetzung von Michael Brecker bis Ron Carter nicht weniger steif. 2,5
Um so erfreulicher, wenn der Pianist ANDY LAVERNE sich bei seiner „Serenade To Silver“ (Steeplechase/FMS) so inspiriert zeigt wie Horace früher. 3,5