Jazz :: VON SECKENDORFF

Daß nicht überall traditionsbewußter Jazz drinsteckt, wo „Blue Note“ draufsteht, hat sich herumgesprochen. Aber in dem Fall von HELEN ERIKSEN geht die Verwirrung noch viel weiter: „Standards“ heißt ihr Erstling, obwohl „What Is This Thing Called Love“ hier als einzige Fremdkomposition aus dem Rahmen fallt Daß es ansonsten um eine der angenehmsten Jazz-Produktionen im Geiste des TripHop geht, liegt am einschlägig erfahrenen DJ und Produzenten Tommy Tee ebenso wie an Helen selbst, die beim Line-up -schon wieder irreführend nur mit dem Beiwort „sax“ auftaucht. Wo doch ihr kühl-aparter Gesang nicht weniger wichtig ist für den Charme dieser nordischen Sammlung unwiderstehlicher Kabinettstückchen in Sachen des Understatement. 4,0

Wer meint, die in den Bands von Miles und Wayne bekannt gewordenen Schlagzeugerin MARILYN MAZUR erweise sich mit ihren „Small Labyrinths“ als „nordish by signature“, weil sie einen Vertrag bei ECM unterzeichnet hat, der irrt. Schon daß sie lange Zeit Jan Garbareks Pathos percussionhalber milderte, verdankte sich auch dem Umstand, daß sie in Skandinavien aufgewachsen ist. Nordish by nature klingt auch ihre Band Future Song, was insofern bedauerlich ist, als skandinavische Musiker ja nicht selten eine glückliche Liebe zu Grooves pflegen, statt sich hochmögend dem Lyrischen zu widmen. 3,5

Mit größter Selbstverständlichkeit entwickelt der Bandoneonspieler DINO SALUZZI aus dem von ihm mitbegründeten Tango Nuevo immer neue Musik, die sich nicht bemüht, ihren Jazz-Charakter zu beweisen. Und doch ist es stets klar, warum ein Bassist wie Marc Johnson sich wohlfiihlt in Saluzzis „Gte De La Musique“ (ECM). Selbst Saluzzi der Jüngere, Jose mit Namen und als Schlagzeuger im Bunde der Dritte, muß Papa nie verdächtigen, daß der ihn zu einem bloß sentimentalisch nostalgischen Verhältnis zur großen Tradition verfuhrt. 4,0

BARBARA DENNERLEIN als wandelnde Tiffany-Lampe? Sie fürs Cover zu fotografieren liegt unübersehbar nahe – aber die sehr geschmäcklerische Gesichtsbemalung weckt denn doch Zweifel am Verhältnis der Hammond-Fanatikerin zum karibischen Karneval, auf den Junkanoo“ (Verve) anspielt. Wie schon beim Vorgänger „Take Off“ trafen sich in New York erstrangige Profis, um ausschließlich Dennerlein-Kompositionen zu spielen. Don Alias, Dennis Chambers und Lonnie Plaxico sind wieder dabei; unter den Bläsern überraschen David Murray und Thomas Chapin, während Randy Brekker typischer besetzt ist für ein Fusion-Produkt mit (diesmal) nicht sehr interessantem Material. 3,0

Auch das kindische Monster auf dem Cover von „Truly…“ (Escapade/EFA) mag zunächst Verdacht wecken. Aufs schönste durchgeknallt, entspricht ihm aber die Tastenarbeit von JIM BEARD. Als master of grooves & gimmicks fährt er immer neue Prachtrunden auf dem Fusion-Kinderkarussell, daß er schon mit „Lost At the Karnival“ in Gang gesetzt hat. Es darf getanzt werden, aber auch genau hingehört bei den listig-lockeren Arrangements, um all die Feinheiten zu würdigen, die Jims Funny-Funk in buntesten Farben schillern lassen: als hätte sich ein keyboardender Mr. Metheny als Mitglied von Steely Dan in die Muppets verliebt. 4,0

Frivol locker wirkt zunächst ein Trio junger Schweden um den Pia

nisten ESBÖRN SVEN8SON beim „Plays Monk“ (RCA). Es funktioniert frappierend gut, wie hier Monk mit Funk und Latin versetzt wird, mit Streicherklängen – und doch nie verharmlost, sondern ab das porträtiert, was die meisten in ihm zu sehen versäumen: Rebell mit Witz und Charme. 4,0

Als Messenger des wahren Jazz präsentiert sich der Saxophonist ANTONIO HART. „Here IStand“ (GRP/BMG) hat zum Glück mehr Feuer als Pathos. 4,0

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