Jewel – 0304 :: EastWest
Man hat das Unheil ja kommen sehen: Als Jewel sich für ihr letztes Werk nach Nashville begab und mit „This Way“ ein viel zu durchsichtiges, unnötig plakatives Album weit unter den eigenen Möglichkeiten aufnahm, war klar, dass es erst mal aus sein würde mit dem nie zur Gänze entwickelten poettcjblk der eigentlich potenten Frau aus Alaska.
Das neue Werk, „0304“, vollendet die Abkehr – allerdings auf eine Weise, mit der man nicht gerechnet hat. Mit Hilfe des Produzenten Lester Mendez (Shakira! Enrique Iglesias!) verwandelt sich das Lieder machende Provinzmädchen in ein urban dance gid, Hodhglanzakustik und Dance-Pop-Ästhetik inklusive. Im bonbonbunten Booklet ist die Rede von einer modernen Interpretation alter Big-Band-Platten und einer Cole-Porter-artigen Textlastigkeit, aber natürlich hört man nichts davon, sondern das krasse Gegenteil: schmerzhaft formatierten Mainstream (im sexy Video mit Choreographie), wie man ihn im US-amerikanischen Musikfernsehen zur Primetime sieht. „Listen close to the melancholy of your own voice“, singt die neue Jewel in dem Selbstgespräch „Becoming“, „I am weary of my own dreaming/ I am tired of waiting/ So this time I’m leaping“. Es ist ein Sprung ins Leere.
Nun kann Jewel Kilcher nicht einfach die Gitarre in die Ecke stellen und mit der Aguilera um Hörerschaften wetteifern, und freilich sollen die neuen Lieder datlce, urban und folk miteinander vermählen. Doch tatsächlich ist jetzt der Feind im Bett, und so sucht Jewel das eigene kreative Heil ein weiteres Mal an der falschen Stelle.
So viel noch zur Ehrenrettung: Das mit Guy Chambers geschriebene „2 Become 1“, das ans letzte Album angelehnte „2 Find U“ und das Philly-eske „Fragile Heart“ finden mit immerhin präsenten Gitarren ein paar wärmende Akkorde, die das bisherige Werk erkennbar machen. Der Gesamteindruck indes ist verdorben von schalen Beats, mediokren Songs und einer kaum schön zu redenden Oberflächlichkeit, und so ist „0304“ vor allem das: ein dramatischer Abschied ins Belanglose.