Jim Ford – Point Of No Return :: Aus dem Nachiass des jüngst verstorbenen Songschreibers

Auch auf der neuen Expanded Edition von „Jesus O} Cool“ taucht natürlich „36 Inches High“ wieder auf, diesmal alles ganz toll remastered, wie es sich gehört. Das war auf dem Solo-Debüt von Nick Löwe — eine richtig große Ehre — die einzige Fremdkomposition gewesen. Denn der hatte den amerikanischen Kollegen Jim Ford Anfang der 70er Jahre bei den Sessions mit Brinsley Schwarz als Begleitband für ein dann nie veröffentlichtes Album so schätzen gelernt, dass er es angebracht fand, von dem Song selber mal eine noch weit bessere Cover-Version aufzunehmen. Das von Ford verantwortete Original war dagegen im Vergleich eher ein besseres Demo. Falls der nicht ein so unstetes, nach den Koks-Orgien mit Sly Stone nie mehr berechenbares Talent gewesen wäre, hätte er am Ende womöglich doch noch eine Karriere wie J. J. Cale machen können. Wenn Produzent Audie Asworth dem gelegentlich erklärte, dass man mal wieder eine neue LP aufnehmen müsse, fragte J. J. der Legende zufolge nur mild irritiert: „Wieso? Was war schlecht an der letzten?“ Jim Ford hatte aber keinen Audie Asworth. Nur einen Manager, Liberty Records-Gründer Si Waronker, der auch nach dem Flop des LP-Debüts „Harlan County“ an ihn glaubte.

Darum flog er ihn nach London ein, buchte Sessions im Olympic Studio, wo er erst ein paar Tage von Brinsley Schwarz und dann von der Grease Band begleitet wurde. Nur gibt es von diesen Sitzungen keinerlei Tondokumente, die für die Nachwelt erhalten hätten, was während dieser mutmaßlich sehr chaotischen Woche musikalisch passierte. Die vor einem Jahr vorgelegte Retrospektive „The Sounds Of Our Time“ bewies nebenbei ganz klar, dass Jim Ford sich besser nicht mit der Rolle des Produzenten überhoben, sondern dringend einen richtigen gebraucht hätte. Was erst recht für jemanden gilt, der nachträglich auch erklärte, er sei eigentlich gar kein Sänger, sondern in erster Linie Songschreiber.

Die Liner Notes der besagten Werkschau machten Fans der Kultfigur vor Jahr und Tag den Mund wässrig mit der Andeutung, es gebe noch Kilometer von unveröffentlichten Bändern neben den dort schon gebotenen. Das erweist sich nun als ziemlich übertrieben. Denn dann hätte Richard Weize sicher mehr davon auf „Point Of No Return“ präsentiert als diese 16 Aufnahmen. Die wichtigste Ausgrabung dürfte seine Aufnahme von „Harry Hippie“ sein, jener Song, mit dem Bobby Womack 1972 einen kleinen Hit (Platz 31 der Pop-Hitparade) in den USA hatte. Das 1966 mal als Promo-Single testhalber verschickte „Look Again“ dokumentierte seine Pop-Ambitionen, nur mit dem entscheidenden Unterschied, dass vergleichbare Songs von Neil Diamond bis Jimmy Webb damals viel besser produziert wurden.

Ganz beachtliche Klasse weisen manche der Country-Songs hier auf. Wohlgemerkt: die Songs als solche. Denn was seine Begleiter da teils boten, klingt mehr als einmal eher semiprofessionell. Eine Lusche wie das die Grenze zur Country-Parodie dann doch ungeniert in Schnulzenland überschreitende „Big Bouquet Of Roses“ hätte man weglassen können. Das war sicher nicht von dem sonst schon mal als Vorbild dienenden Jerry Lee Lewis inspiriert. Der Funk’n’Soul-Mix „If I Go Country“ hätte richtig sorgfältige Produktion verdient. Nicht zuletzt „Sweet Baby Mine“, auch so ein Demo, das seinen Bewunderern nur mehr Argumente für die These liefern dürfte, dass dieser Jim Ford doch immer maßlos unterschätzt wurde.

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