Joe Cocker :: No Ordinary World

NoOrdinary World PARLOPHONE/EMI Noch eine vertane Chance, Respekt und Reputation zurück zu gewinnen Onkel Joe braucht die Kritik wie ein Gehörloser die Musik. Cocker bewohnt seit vielen Jahren ein Universum, wo Gewohnheit herrscht und das Gewöhnliche gut beleumundet ist, wo das Feuilleton ungelesen im Papierkorb landet und sich bei der Lektüre des Sportteils still die Münder bewegen. Nebenan wohnen Phil Collins und Chris DeBurgh, gegenüber Tina Turner und die Straße runter Roger Whittaker. No ordinary world, indeed. Hier ist nicht viel zu spüren vom permanenten Auf und Ab des Musikgeschäfts, Angebot und Nachfrage sind stets im Lot, Karrieren werden verwaltet wie Vermögen. Er hat sie durchlebt, die hochnotpeinlichen Betrügereien und Zerwürfnisse, doch heute schwankt Joe Cockers berufliches Schicksal nur noch wie ein Perpetuum Mobile in einem Raum ohne Schwerkraft. Es sei ihm gegönnt. „No Ordinary World“ ist, wie nicht anders erwartet, extrem ordinär. Cocker mag schlechtere und gewiss schlockigere Platten gemacht haben, selten aber eine so mediokre, so ereignislose. Produzent Steve Power „verwöhnt mit einem modernen, radiofreundlichen Sound“, wie der Waschzettel der Plattenfirma wahrheitsgetreu reportiert. Ein Sound wie Seife. Zu Songs, die mehrheitlich im Spülwaschgang in der Studiotrommel rotieren, während Cocker seineTöne dazu gibt wie Megaperls. Gefühle, wohldosiert. Wenigstens bleibt einem so das Hans-Hartz-hässliche Krächzen erspart, das man vom Abschalten der Beck’s-Reklame her kennt: „Sail away…“ Nichts auf Cockers neuem Album ist derart gruselig, ein paar Tracks lassen sich sogar trotz ultrabanaler Arrangements schmerzfrei ertragen. „Naked Without You“ ist ein Dramolett von einer Ballade, „Soul Rising“ funkt mäßig, und Leonard Cohens „First We Take Manhattan“ wird im Mainstream fast ertränkt, überlebt dann aber am Ende doch gerade mal so. Bryan Adams und gar Paul Brady haben Songs beigesteuert. Und Billy Steinberg, dem Madonna ein paar Konfektionshits verdankt. Joe Cocker ist mit dem Ergebnis „überaus zufrieden“, obwohl er einräumt: „Im Grunde bin ich ein R & B-Sänger“. Meiner Treu, wie lange hat er den Rhythm 8C Blues nicht mehr praktiziert? Aber erinnern können wir uns schon, an die JMadDogsAtuJEnglishmen“. Mit Wehmut. Das Rauchen hat sich Joe Cocker mittels Nikotinpflaster abgewöhnt. Wenn es doch nur eine Kur gäbe gegen chronischen Kreativitätsmangel. WOLFGANG DOEBEUNG

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates