Joe Speedboat

„Joe Speedboat“ von Tommy Wieringa erzählt mal eine ganze andere Adoleszenzgeschichte aus der niederländischen Provinz. Musik und Popkultur spielen hier keine Rolle. Um die nötigen Distinktionsgewinne zu erzielen, legt der geheimnisvolle, charismatische und titelgebende Fantast Joe Speedboat zunächst Bomben und baut dann, nachdem er sich die halbe Hand weggesprengt hat, mit seinen Freunden ein Flugzeug. Schelmenroman und Hollywood-Burleske gehen in diesem Buch eine wunderbare Allianz ein, und man verzeiht Wieringa seinen etwas arg aufgedrehten, mutwilligen Plot, weil er durchaus filigran konstruiert ist – und weil das Buch daneben auch literarisch noch etwas zu bieten hat.

Erzählt wird die Geschichte nämlich vom armen Fransje, der von einem Trecker überrollt wurde, monatelang im Koma lag und seitdem stumm ist und fast querschnittgelähmt. Fransje versucht sein Schicksal wie eine Art Zen-Buddhist zu meistern und zieht immer wieder Trost und Belehrung aus Miyamoto Musashis Samurai-Philosophie „Buch der Fünf Ringe“, das dann letztlich auch diesen Roman strukturiert. „Der Samurai“, predigt Musashi, „hat einen doppelten Weg, den des Pinsels und den des Schwerts.“ Und diesen doppelten Weg geht Fransje. In der ersten Hälfte des Buches beobachtet er nur und schreibt mit, im zweiten Teil wird er durch Joe Speedboats Training zu einem erfolgreichen Armwrestler. Die Wettkampf-Szenen gehören zu den spannendsten und literarisch gelungensten des Buches. Wieringa macht aus diesem armseliggrobschlächtigen Gedrücke eine brillante metaphysische Luftnummer. (19,90 Euro)

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