Joe Strummer & The Mescaleros – Streetcore :: Hellcat/SPV
Die letzten Zeilen von „Long Shadow“ könnten als Joe Strummers Epitaph stehenbleiben. Er hatte den Song für Johnny Cash geschrieben, in Rick Rubins Studio, binnen Stunden, und ihn dann mit Rubin. Smokey Hormel und Benmont Tench aufgenommen. Ein Demo nur, für alle Ewigkeit nun. „If you put it all together you didn’t even once relent/ You cast a long shadow and that is your testament.“ Dann ein paar Akkorde, ein Atemholen und das Allerletzte, das Lebenswichtigste und Sterbenswahre: „Somewhere in my soul, there is always rock and roll.“ Jedes Wort betont Always. Rock. And. Roll. Sicher, man hätte diesen Song auch gern von Johnny Cash gehört, aber Joe Strummer ging früher, mit gerade 50 Jahren. Und am Ende, welch Ironie, war es sein Herz, jenes Organ, das seine Musik so tough und lender gemacht und sein Wirken definiert hatte, von dem er im Stich gelassen wurde.
Ohne Hast wurde seidier an der dritten LP von Joe Strummer & The Mescaleros weitergearbeitet. Entlang detaillierter Notizen und Skizzen, die Strummer noch Wochen vor seinem plötzlichen Tod gefertigt hatte. Nicht alles, was er begonnen hatte, ließ sich ohne seine Präsenz vervollständigen. Drei, vier komplette Backing Tracks blieben leider ohne Vocals, ein paar Spuren bergen bloß Ideen, Riffs, Melodiefetzen. Und blieben unberücksichtigt. Lediglich jene Bänder, die Joes Signaturen trugen, zuvorderst seine Stimme, erfuhren Overdubs und produktionstechnische Behandlung. Darunter Bob Marleys „Redemption Song“, den Joe auch mit Johnny Cash im Duett aufnahm und den Rick Rubin auf einer künftigen Cash-Collection zugänglich machen wird. Und „Before I Grow Too Old“ aus der Feder von Bobby Charles, hier umbenannt in „Silver & Gold“, noch ein letzter Track, noch ein Nachruf. Ein leicht frivoler indes: „Fm gonna kiss all die pretty girls before I grow too old.“ Dazwischen weitere süperbe Aufnahmen, die „Streetcorc“ als das ausweisen, was Joe Strummer intendiert hatte: „an album that really rocks“. „Burnin‘ Streets“ evoziert „London’s Burning“ aus den Sturm-und-Drang-Tagen von The Clash, „All In A Day“ ist militanter Funk, „Ramshackle Day Parade“ gospeliger Streetsoul, „Arms Aloft“ frenetisch, euphorisch, Joe Public speakitig. Nur auf „Midnight Jam“ mussten die Mescaleros etwas tricksen, indem sie den atmosphärischen Backing Track mit Joes Stimme von Konserve aufluden, gesampelt von seiner BBC-Radio-Show „London Calling“. Und so hört man ihn wie aus dem Jenseits, als guter Geist des Rock’n’Roll: „All transmitters to full… all receivers to boost..“ Rock on, my man.