John Mayall :: So Many Roads – An Anthology 1964-74
Eine Auswahl aus dem Schaffen des britischen Blues-Mentors
Bis heute wissen Mick Taylor und John Mayall übereinander nur die nettesten Dinge zu erzählen. Letzterer hatte den talentierten Teenager zwar schon gelegentlich bei Konzertauftritten Proben seiner Fingerfertigkeit demonstrieren lassen. Aber als es dann darum ging, äquivalenten Ersatz für den zu Cream desertierten Eric Clapton zu finden, war bekanntlich Peter Green seine erste Wahl. Als der bald auch seine eigene Band gründete und das blutjunge Wunderkind Davy O’List sich lieber bei der aktuellen Underground-Sensation – The Nice – verdingte, sicherte sich Mayall dann doch die Dienste von Mick Taylor für eine Weile als neuestem Bluesbreaker. Als Mayall nach ein paar durchaus erfolgreichen Jahren waghalsig eine neue Band ohne Schlagzeuger und Leadgitarristen plante und Taylor damit den Job verlor, vermittelte sein Chef ihn immerhin an die Rolling Stones.
Mayall musste sich bald einer zunehmend heftigeren Konkurrenz erwehren, nachdem Cream und Jimi Hendrix mit neuen und ziemlich faszinierenden Spielarten des Blues erfolgreich waren. Die Yardbirds und zumal Jeff Beck probierten entschieden experimenteller als Mayall, wie man auf dem Fundament der Gattung mit ganz neuen Klängen musizieren könnte.
Diese Werkschau seiner Decca- und Polydor-Jahre darf man wohl durchaus legitim vor diesem Hintergrund betrachten. Es ist fast ein wenig rührend, ihn wieder einmal Elmore James‘ „Dust My Blues“ singen zu hören. Der Star ist hier nämlich Peter Green, in dessen Band Jeremy Spencer den Song bald ungleich furioser Interpretieren würde. Es ehrt Mayall schon wieder, dass er bei einem anderen Evergreen – Freddie Kings „The Stumble“ – problemlos in die Rolle des Sideman schlüpfte und seinem Gitarristen die Show gönnte.
Die Clapton-, Green- und Taylor-Jahre sind auf diversen expanded editions der Bluesbreakers-LPs längst um vieles ausführlicher dokumentiert – auch mit zahlreichen Outtakes, darunter durchaus hochkarätigen, die es damals nicht auf die LPs schafften. Ein paar Überraschungen wie den unveröffentlichten FilImore-Mitschnitt von „Sleeping By Her Side“ vom Juli 1969 hat das Set aber auch zu bieten. Am Ende hinterlässt es den Eindruck: Erst als er ab 1969 nicht mehr all diese angehenden Superstars beschäftigte, fand Mayall so richtig zu sich selber. (universal) franz schöler