John Mayer – Continuum

Der Junge, der einst staunend eine Körperlandschaft erkundete und dabei ein Wunderland mit Haut aus Porzellan und Lippen, die wie Süßigkeiten schmecken, entdeckte, hat die romantische Luftblase platzen lassen, von der er früher die Welt zu betrachten pflegte. Auf dem Album „Continuum“, das John Mayer als Abschluss einer Trilogie versteht, die er mit „Room For Squares“ und „Henvier Things“ begonnen hat, beglotzt und betastet er nicht mit großen Augen und feuchten Händen die Liebe. Er ist erwachsen geworden, verarbeitet Trennungen, Ernüchterungen – und die Entdeckung der Erdanziehungskraft.

Nun erzählt John Mayer mit Soul und Blues beseelte Geschichten vom Ende der Romantik, singt davon, wie er sich ein letztes Mal mit seiner künftigen Ex im Kreis dreht („Slow Dancing In A Burning Room“), verarbeitet das Verlassenwerden („Dreaming With A Broken Heart“) oder macht sich trotzig auf die Suche nach einer neuen Liebe („I’m Gonna Find Another You“).

Der schwerelose Pop von „Your Body Is A Wonderland“, mit dem er vor vier Jahren die Teenager-Herzen eroberte (und sich seinen ersten Grammy abholen durfte), ist auf dem Boden der Tatsachen angekommen, wie Mayer in der erstaunlichen Soulballade „Gravity“, dem Kernstück des Albums, verrät: „Gravity/ Is working against me/ And gravity/ Wants to bring me down.“ Und statt pastellfarbene Kuschelrockschnulzen zu singen, zieht er jetzt Grauschattierungen vor: Er sei nicht farbenblind, sondern die Welt schwarz-weiß, behauptet er in „Stop This Train“ und setzt sich – wie in vielen „Continuum „-Songs – mit dem Älterwerden auseinander: „So scared of getting older/ I’m only good at beingyoung.“

Der Musik des 29-Jährigen steht der Reifungsprozess aber ausgezeichnet. Obwohl die Songs, die Mayer wieder meistens mit Bassist Pino Palladino und Drummer Steve Jordan eingespielt hat, eine rauere Oberfläche haben als die der Vorgängeralben, hat die Musik nichts Sprödes, sondern säuselt sich immer noch süffisant ins Ohr. Mal von einem blubbernden E-Piano und dezenten Bläsern begleitet in „I Don’t Trust Myself(With Loving You)“, mal bedeutungsschwer in „Waiting On The World To Change“, mal als charmantes Popkammerspiel in „The Heart Of Life“. Aber nie gibt sich Mayer ganz dem Pop hin, verziert seine Songs lieber mit unaufgeregten Blues-Licks. Und als er sich in der Coverversion von Jimi Hendrix‚ „Bold As Love“ ungewohnt extrovertiert gibt, ist es für einen Moment doch wieder da, dieses Staunen und der Glaube an die bedingungslose Liebe.

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