Keb‘ Mo‘ – Just Like You und Alvin Youngblood Heart – Big Mama´s Door :: Columbia / Sony, Columbia / Sony
Schon gehört? Es soll da eine Akustik-Blues-Renaissance geben. Und wir reden hier nicht von hybriden Hipstern wie G. Love und Konsorten, sondern von jungen schwarzen Männern, die nicht (viel) mehr als eine stromlose Gitarre brauchen, um jenseits musealer Abnickrituale in eigenen Songs vom Leben in den USA (und Leben überhaupt) zu berichten. Wer noch Neugier auf so etwas verspürt, kann getrost zu diesen beiden Alben greifen, die exemplarisch die ganze Bandbreite dieser Bemühungen repräsentieren. Und das auch noch auf einem einst ruhmreichen Label.
„Just Like You“, das zweite Album von Keb‘ Mo‘ alias K. Moore, dürfte Puristen Bauchschmerzen bereiten. Es gibt Background-Sängerinnen! Es gibt ein in jeder Hinsicht korrektes Duett mit Bonnie Raitt und Jackson Browne! Und die Produktion von John Porter (Buddy Guy etc.) ist cool, caltn & collected. Und nicht zuletzt ziemlich clean. Und dann auch noch diese weichgezeichnete Robert Johnson-Wiedergänger-Optik! Tut Moore dem Blues also das an, was ein George Benson fortwährend Jazz und Soul antut? Gemach. Denn gerade wenn das Profil des Mannes auf der breiten Mainstream-Chaussee unkenntlich zu werden droht, pinkelt er doch noch mal kräftig gegen den Baum am Straßenrand, mit All-Akustik-Tracks, die sowohl seinen Sinn für Humor („You Can Love Yourself“) als auch den für die kleine Alltagstragödie („Momma, Where’s My Daddy“) beweisen. Keb‘ Mo‘: Totengräber oder Erneuerer? Weder noch. Nur einer, der sich ab und zu weigert, dieselben Antworten zu geben, nur weil sein Genre schon seit einem halben Jahrhundert dieselben Fragen stellt.
Alvin Youngblood Hart, Wahlkalifornier aus Mississippi, hat mich gleich an eine Maxime von Dwight Yoakam erinnert, der einst kundtat, es müsse immer Künstler geben, die über die reine Form eines Genres wachen, weil es ansonsten auch bald nur noch drittklassige Ableitungen davon geben könne. Auf „Big Mama’s Door“ gibt’s also (fast) nur den Mann, seine Stimme, seine Gitarre, manchmal auch ein Banjo. Und das Schöne ist: Hart kann sich das leisten. Kein Wunder, daß Taj Mahal gleich verzückt die Linernotes schrieb und gerne gastiert. Mühelos bestehen Harts Kompositionen neben wenigen Klassikern von Charlie Patton oder Blind Willie McTell. Und nach 14 Tracks weiß man nicht mehr, was man mehr bewundern soll: Harts Charisma (besonders) als Vokalist, die stoische Konsequenz, mit der er seinen Blues-Kosmos ausbreitet, oder die feine Ironie und den schneidenden Sarkasmus seiner Texte. „If the blues was money, baby, I sho‘ be a millionaire. But it’s all I can do just to keep by the electric chair…“
Ähnlich wie bei Keb‘ Mo‘ korrespondiert die Optik perfekt mit der Musik: Alvin allein zuhaus, vor Mamas Bretterbude. Das eigentlich Beunruhigende daran ist vielleicht, daß dieses Bild genauso gut in den 30er wie den 90er Jahren hätte entstehen können. Beunruhigend wie die Songs von Alvin Youngblood Hart.