Keren Ann – Nolita :: Noita
Nach vier Alben ist die 30jährige Keren Ann Zeidel in vielen Ländern Europas und in den USA schon fast so etwas wie ein kleiner Star – zumindest unter den Kritikern. Die zwischen Paris und New York pendelnde Israelin wurde bekannt durch ihre Zusammenarbeiten mit dem Posterboy des Neo-Chansons, Benjamin Biolay, an dessen Debüt sie ebenso mitwirkte wie er an ihrem. In Deutschland bekam man davon nur wenig mit, offiziell veröffentlicht wurde hier nur der Vorgänger „Not Going Anywhere“ sowie „Lady And Bird“, eine Electro-Pop-Platte mit dem Isländer Bardi Jahannsson.
„Nolita“ erscheint, wie so viele Platten im Moment, mit einer halbjährigen Verspätung, doch das Warten hat sich gelohnt: Bittersüße Verlockungen und eine seltsame Müdigkeit zeichnen die zehn Lieder aus. Einige davon, etwa „Chelsea Burns“, erinnern an die beseelte Leere des dritten Velvet Underground-Albums. Musik für danach. Wenn die Illusionen einer durchaus angenehmen, realistischen Schwere gewichen sind.
„La Forme Et Le Fond“ macht deutlich, warum die Sängerin,
Komponisten und Arrangeurin gerne mit Francoise Hardy verglichen wird: Nie werden angloamerikanischen Rock-Einflüsse einfach übernommen, sondern immer elegant übersetzt in eine französische Chanson-Tradition. Dadurch entsteht eine spezielle melancholische Entrücktheit, der jedoch nie die Emphase abhanden kommt. Manche Lieder sind bewußt an der Grenze zum Bedrohlichen angesiedelt. „Song Of Alice“ etwa, aber noch mehr der göttliche Titelsong „Nolita“. Wie ein Schwarm schwarzer Raben schweben die Streicher über dem Song, der ansonsten nur noch von einer gezupften Gitarre und der verunsicherten Stimme getragen wird: „I think Fm gonna bury you“, singt Keren Ann immer und immer wieder, und es ist in keinem Moment klar, ob das nur als Metapher gemeint ist. Eine schwüle Süße und Todesnähe liegt über diesem beklemmenden Lied, das schon an Edgar Allen Poe erinnert. Nachtmusik,definitiv.