Kevin Devine – Split The Country, Split The Streets
Ein Spaß ist das nicht. Kevin Devine war ja nie eine Frohnatur, seine ersten beiden Alben haben schon viel von allgemeinen Mißständen und ganz persönlichen Katastrophen erzählt, aber jetzt haut der Brooklyner mal richtig auf den Putz. „Split The Country, Split The Streets“ stampft von einem Protestlied zum nächsten, gnadenlos, aber nie aufdringlich. Im Grunde sind das immer noch Folksongs, aber die Wut übermannt Devine, manchmal tut sein gequälter Gesang richtig weh, oft rettet er sich auch in schöne Melodien, eilig hat er es jedoch nie. Man muß schon ein bißchen Geduld haben mit ihm.
Es sind die komischen Geschichten, die poetischen Beobachtungen, die einen umhauen. „No Time Flat“ ist zwar das ungefähr 350. Lied über Amerika und den Krieg, aber hier gibt es nicht das übliche Ungerechtigkeits-Geseiher, es geht um die Moral an sich und wie man es vielleicht vermeiden kann, das „taxi to that firepit way down south“. Es ist nicht das einzige Stück, das sich um verfahrene Situationen dreht. In „Keep Ringing Your Bell“ steht ein armer Typ jede Nacht wieder vor der Tür einer Prostituierten, um den Rest seines Lebens für eine Weile zu vergessen: „I won’t go back outside ‚til my memory starts erasing itself into something less brutal/ Some beautiful bullshit I pretend to belong to.“ Die Musik dazu erinnert an Simon & Garfunkel, die Diskrepanz zwischen dem Schmerz und dem Wohlklang ist das Schlimmste.
In „Probably“ beschreibt Devine präzise eine Begegnung im Zug, die zu nichts führt, weil einen zu viele Zweifel davon abhalten, den Mund zu öffnen. Bei „Alabama Acres“ trifft er seinen toten Vater – nur im Traum, aber die Wirklichkeit ist leider nicht besser, und am Ende fleht er bloß noch: „It’s cold and I’m lonely and I could sure use a friend.“ Schlaf bekommt er offensichtlich auch nicht ausreichend, doch immerhin wagt er schließlich noch ein Liebeslied. „You Are The Daybreak“ hätte der optimistische Schlußpunkt sein können, aber: Ein Spaß soll das ja nicht sein.
Und so endet dieses erschütternde Album mit „Lord, I Know We Don’t Talk“. Der Sänger ruft Gott an, an eine Antwort mag er nicht recht glauben – „but I’ll be glad as hell if you come prove me wrong.“ Es ist noch Platz für Wunder in Kevin Devines Welt, aber es wäre besser, wenn sie schnell kämen. Man weiß ja nie, wie lange die Kraft noch reicht.