Killing Them Softly :: Regie: Andrew Dominik
Es geht ums Geschäft – Kommunisten hat J. Edgar Hoover unerbittlich gejagt, Mafiosi aber unbehelligt gelassen. Die galten dem FBI-Gründer als amerikanische Geschäftsleute. Das mag angesichts des schmutzigen Gewerbes zynisch klingen, illustriert allerdings das Selbstverständnis einer Nation, die letztlich nur das Streben nach dem Pursuit of Happiness zu einen scheint. Und für das Glück muss man auch mal über Leichen gehen. So jedenfalls scheint der australische Regisseur Andrew Dominik („Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford“) die amerikanische Geschichte in seiner fulminanten Gangster-Elegie „Killing Them Softly“ zu interpretieren. Die Verlierer kämpfen ums Überleben, der Killer gibt sich als konsequenter Kapitalist. Dominik hat seine Story nach George V. Higgins’ Roman „Cogan’s Trade“ von 1974 ins New Orleans des Jahres 2008 verlegt. Noch gezeichnet von den Verwüstungen durch den Hurrikan Katrina, steht die Stadt als Metapher für die Wirtschaftskrise und soziale Kälte. US-Präsident George W. Bush wurde Gleichgültigkeit vorgeworfen, weil er 2005 erst nach vier Tagen ins Katastrophengebiet gereist war. Nun ringen John McCain und Barack Obama um das Amt. Ihre recht hohlen Wahlkampfslogans („Amerika bietet jedem die Chance, sein Leben so zu gestalten, wie er es will“) sind den ganzen Film über aus Radios und Fernsehern zu hören und werden zu einem subtilen ironischen Kommentar der Handlung.
Frankie (Scoot McNairy), ein arbeitsloser Ex-Knacki mit traurigem Blick, und der versiffte, verrückte Junkie Russell (Ben Mendelsohn) überfallen im Auftrag des Unternehmers Amato (Vincent Curatola) die illegale Pokerrunde von Markie Trattman (Ray Liotta). Weil der vor Jahren mal eine seiner Veranstaltungen selbst ausgenommen hat, spekulieren sie darauf, dass der Verdacht auf ihn fällt. Der Profikiller Cogan (Brad Pitt) bezweifelt, dass Markie zu den Tätern gehört, will ihn aber trotzdem liquidieren. „Alle denken, dass er es war, auch wenn er es nicht war“, erklärt er dem biederen Mittelsmann der Mafia (Richard Jenkins), der nur von einem „Konsortium“ spricht. „Alle Spiele ruhen aus Angst vor weiteren Raubzügen. Und die Leute verlieren ungern Geld.“ Markie ist das Bauernopfer, um wieder Vertrauen in den Markt herzustellen, und Cogan der Sanierer ohne Rücksicht auf Einzelschicksale.
Das bekommt sogar sein Partner Mickey (James Gandolfini) zu spüren, den er aus New York einfliegen lässt. Der entpuppt sich als unbrauchbarer, unberechenbarer Alkoholiker, der sich tagelang mit Prostituierten im Hotelzimmer verschanzt und wehleidig über seine Ehe, Affären und die guten alten Zeiten lamentiert. Seine Monologe, von Gandolfini brillant mit ebenso herzzerreißender wie bedrohlicher Komik vorgetragen, hört sich der verständnisvoll nickende Cogan lange an, bis er ihn an die Polizei verpfeift.
Die von pointierten, packenden Dialogen getriebene Gangsterstory ist zugleich ein großes Gesellschaftsdrama im Stile von „Tod eines Handlungsreisenden“ und „Glengarry Glen Ross“. Fast jede Szene ist arrangiert wie ein Kammerspiel und dennoch voller dynamischer Spannung, in der die wenigen, aber schonungslosen Gewaltmomente wie Explosionen aufflackern. Markies Hinrichtung inszeniert Dominik mit in Zeitlupe schwebenden Regentropfen, Glassplittern und Blutspritzern wie ein schönes, wahrhaftiges Kunstwerk.
Im Schlussakt, als der Kontaktmann der Auftraggeber um das Kopfgeld feilscht, formuliert der coole Cogan mit einer Lektion in Sachen Kapitalismus die Quintessenz der Geschichte: „Amerika ist kein Land. Amerika ist ein Geschäft. Also bezahl mich, verdammt noch mal.“
Hier gibt’s den Trailer zum Film: