Lambchop :: How I Quit Smoking
Als Bob Dylan im Jahr 1969 ein unverschämtes Schnulzen-Album aufnahm und es „Nashville Skyline“ nannte, war das nicht bloß eine Hommage an eine Stadt und ihren musikalischen Mythos, sondern vor allem an einen ganz bestimmten Sound: Die zuckersüßen, mit allerliebsten Streichern garnierten Lieder von Chet Atkins und anderen. Dylan versündigte sich zweifach. Er spielte nicht nur Country und Johnny Cash, was an sich schon ein Desertieren zum musikalischen Feind der Rock-Generation war. Er servierte seinen Fans zu allem Überfluß auch noch eine kommerzielle, „glatte“ Spielart von Country. Für die meisten seiner Anhänger hörte damit der Spaß auf. Dylans Grinsen auf dem Cover wurde als das Hohngelächter eines Verräters gedeutet. Ein Vierteljahrhundert später kommen Lambchop, ein dreizehnköpfiges Kollektiv um den Songschreiber Kurt Wagner, und wagen es erneut, den Nashville-Sound zu beleben. Die Zeiten haben sich gründlich geändert: So ziemlich jede Epoche der Popmusik wurde rehabilitiert, Johnny Cash gilt als Urvater des Grunge, und orthodoxe Underground-Bands wie Yo La Tengo pilgern nach Nashville, um dort Platten aufzunehmen. Ein Akzeptanz-Problem wird es also wohl nicht geben, zumal Lambchop als Nashville-Einwohner mit Heimvorteil antreten. Sie haben die Süß-und-Sauer-Nummer vollkommen drauf: Die Geigen juchzen zuckrig wie ehedem, und Wagner braucht sich mit seiner butterweichen Stimme vor keinem Crooner großer Tage verstecken.
Auf dem Debüt-Album „I Hope You’re Sitting Down“ wurde die matte, melancholische Grundstimmung noch gelegentlich von einem kräftigen Schlagzeug oder dem ein oder anderen Rock-Versatzstücken relativiert. Dieses Album jedoch gleicht nun vollends einem ruhigen See, in das der Sänger nur von Zeit ein Steinchen wirft, um die Ringe zu betrachten. Die Percussion kann man nur als extrem dezent bezeichnen. Träge zupft eine akustische Gitarre, es wimmert eine Steel-Guitar, und die Geigen-Arrangements von John Mock besorgen den Rest. Pop Pianissimo. Kurt Wagner nuschelt resignierte Geschichten in Ich-Form. Manchmal singt er kaum noch, sondern spricht, murmelt nur ganz leise vor sich hin, wie für sich selbst.
Mit Lambchop hat der Nashville-Sound seine maximale Introvertiertheit erreicht: So klingt diese Musik also, wenn der Sänger mit dem Rauchen aufgehört hat.