Lambchop :: Nixon

Kurt Wagners Ensemble auf dem Weg zwischen Country und Curtis

Erst gegen Ende entfaltet J^ixon“ den matten, goldenen Glanz, in dem sich Kurt Wagners Songs gelegentlich gefallen. Solenn und subversiv wird dann, was sonst eher rustikal und farblich allenfalls maisgelb anmutet. Ein wenig von dieser Erhabenheit steckt bereits im Opener: „The Old Gold Shoe“ raunt und schmeichelt musikalisch, Wagners Worte wollen indes erst mal entschlüsselt sein. „The world goes away/ Each and every stinking day.“ An Person und Leben von Richard Nixon hat sich der Kauz aus Nashville gerieben. Ausgerechnet Das Weiße Haus, möchte man meinen, müsste doch lohnendere Objekte für Charakterstudien beherbergt haben. Schwerlich, so Wagner. Denn: „Even a butthole like Nixon had a heart“

Das Gute im Gangster ausfindig zu machen, ist freilich eine undankbare, heikle Aufgabe. Erst recht, wenn man wie Wagner mehr an den Rissen am Machtmenschen interessiert ist als an den Auswirkungen einer Machtausübung. Nicht Watergate wird ins Visier genommen, sondern seelische Abgründe und Perversionen. Der Strolch, der ins eigene Schwert fiel, mit dem er doch den Augiasstall gesellschaftlicher Permissivität von seinen liberalen Profiteuren säubern wollte. Ein Mann, der im Übereifer des Gefechts gegen die Unmoral selbst alle Moral fahren ließ. Kurt Wagner nähert sich diesen Widersprüchen mit Bildern und Erinnerungen aus seiner Jugend, aus der Nixon-Ära mithin. Im Nebel dieser Reminiszenzen wabern Liebe und Ekel, Abscheu und Hingabe, politische Menetekel und religiöser Wahn. Entsprechend misanthropisch müssen diese Texte wirken, wiewohl sie doch um Verständnis nachsuchen für Verfehlungen der unverzeihlichen Art.

Die musikalischen Mittel derer sich Wagner und seine vielköpfige Musikerschar dafür bedienen, sind mit Bedacht gewählt, jedoch nicht immer ästhetisch ausgereift. Den Gospelchor in „Up With People“ mag man goutieren, doch das dazugehörige Soundgefiige klingt allzu entworfen und gespreizt Und dann diese langen Intros, die nirgendwo hinzuführen scheinen, bevor sie endlich eingefangen und eingegliedert werden. Da ist viel Pose im Spiel, ebenso wie in diesem etwas lethargischen, rachitischen Funk, mit dem Wagner hier heftiger flirtet als je zuvor. Zu viele weiße Blutkörperchen im musikalischen Kreislauf. Gamble/Huff, nachempfunden. Und dann, öfter als nötig, Kurt mit Kopfstimme! Eine Vbkal-Signatur, der selbst Könner wie Curtis Mayfield, Jackie Wilson oder Smokey Robinson mehr abverlangten als abgewannen. Von Mick Jagger einmal ganz abgesehen. Schlicht schlecht beraten ist Wagner, wenn er wie auf „What Else Could It Be?“ ganz auf Falsett schaltet und das one trick pany mimt Soll Soul sein, strapaziert aber nur den Hörnerv.

Gen Ende, wie gesagt, wird’s doch noch genialisch. „The Book I Haven’t Read“ eröffnet mit so opulenten wie irritierenden Streichern und mündet in ein Südstaaten-Epos voller Sehnsucht und Soft-Soul-Sinnlichkett. A beauty. Noch besser, weil besessener, ist „The Petrified Florist“: dunkel, dräuend, die Bläser verfremdet per Phasing, die Worte dicht und undurchsichtig, das Outro von maschineller Kälte. „Our daily logic has become absurd“, intoniert Wagner. Noch eine Erkenntnis, die Nixon gewiss auch nicht fremd War. 3,5

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