Larry Charles – Religulous :: Start: 2. April

Nachdem Regisseur Larry Charles zuletzt mit dem Komiker Sacha Baron Cohen in „Borat“ eher hinterhältig die politisch korrekte Heuchelei torpediert hat, geht er nun mit offenem Visier gegen die Bigotterie der Weltreligionen vor. Denn Stand-up-Comedian Bill Mäher ist auch ohne Tarnung stets „Politically Incorrect“, wie seine Show heißt. Für den New Yorker, der jüdische und katholische Eltern hat, ist jegliche Religion als Treppenwitz der Geschichte ein gefährlicher Irrglaube, was auch gleich am Anfang seines Höllenritts durchs Himmelreich mit einer Aufnahme von George W. Bush belegt wird.

Bevor er und Charles über London, Amsterdam und Rom nach Jerusalem reisen, knöpfen sie sich ihre fundamentalistischen oder auch scheinheiligen Landsleute vor. Mit Spott spart Mäher vor allem nicht bei den feisten Führern diverser Freikirchen, die sich als Messias feiern lassen und wie Zuhälter kleiden, während er bei alten Leuten oder den Truckern in einer Container-Kapelle am Highway vergleichsweise milde bleibt. Bizarr mutet sein Besuch im Themenpark „Holy Land Experience“ in Florida an, wo Jesus und seine Jünger in einem Musical zu einem Song der Doobie Brothers tanzen — inklusive Kreuzigung, bei der die Touristen schreiend in Tränen ausbrechen, während hoch über ihnen ein Flugzeug dröhnt. Wunderbar werden Widersprüche aufgezeigt, wenn etwa ein US-Senator die Evolution abstreitet oder der Leiter des päpstlichen Observatoriums über den Kosmos redet. Vor allem bei Politikern und Predigern entsteht eine peinliche Sprachlosigkeit, wenn der gut vorbereitete Mäher seine Fangfragen stellt.

Nebenbei werden die Promi-Scientologen Tom Cruise und John Travolta abgewatscht und die verwirrten Propheten am Speaker’s Corner in London gezeigt. Auch eine kurze Bibel-Exegese gibt es, bei der letztlich die alte Erkenntnis herauskommt, das alles dort bei früheren Kulturen zusammengeklaubt wurde. Manch schaler Scherz rutscht Mäher allerdings auch heraus, und die albernen Comicbilder sind seit Michael Moore nicht mehr gerade originell. Für die besten Gags sorgt ohnehin der Zufall, wie bei Mähers Gespräch mit einem Islamisten, der „Kashmir“ von Led Zeppelin als Klingelton benutzt und erklärt: „Bill, you are not so smart.“

Mäher will niemanden beleidigen und erst recht nicht bekehren, aber es ist ihm ernster, als es der Film oftmals erscheinen lässt. „Damit der Mensch überlebt, muss die Religion sterben“, das ist die Kernaussage seiner moralischen Mission. Terroranschläge, Kriege und Atomwaffen im Namen eines Gottes, den niemand nachweisen, aber auch nicht endgültig widerlegen kann, seien mitverantwortlich für großes Leid und Elend auf der Welt. Und das nicht erst seit heute – wie ein Priester den eigenen Vorgesetzten im Vatikan kritisiert.

Gestrauchelten wie Bush, Britney Spears oder Michael Jackson, die öffentlich ständig Gott danken, empfiehlt Mäher einen Psychiater. Nur den frömmelnden Passions-Bruder Mel Gibson schont er merkwürdigerweise.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates