Later… When TV Turns To Static :: Groß, ungeglättet: Die Glasgower finden zurück zu alten Stärken

Das zweite Album von Glasvegas war besser, als viele Beobachter behaupteten, doch für viele Fans war es eine Enttäuschung. Das Debüt der Band aus Glasgow hatte hohe Erwartungen geschürt und sie auch gleich erfüllt – mit einem Album voller Geschichten über halbstarke Gewalt, kaputte Familien und die gefährliche Willkür des Schicksals, die uns James Allan mit tollem schottischen Akzent, aufrichtiger Wehmut und dem traurigen Trotz des kleinen Mannes erzählte. Die Musik dazu war sensationell: Glasvegas vermählten The Jesus And Mary Chain mit den Hallwänden Phil Spectors und einer riesig hymnischen Rockmelancholie, die sie geradewegs ins Vorprogramm von U2 führte.

Das dritte Album knüpft nun dort an. Allan sagt, die Band sei wieder auf der Erde angekommen -eben da findet man ja diesen dunklen Sound, nicht am Strand von Santa Monica, wo Glasvegas das zweite Werk schufen. Schon der Auftakt steht auf einem dieser Midtempo-Bass-und-Schlagzeug-Grooves, die vor fünf Jahren „Flowers &Football Tops“ zu einem Ereignis machten. Der Protagonist des Titelsongs kehrt nach langer Zeit in seine Heimatstadt zurück, ein Fremder bloß, der nachts auf seinem Jugendbett sitzt, in das weiße Rauschen des Fernsehers starrt und sich wünscht, all das wäre nicht passiert. Das Lied wird immer größer, während Allan heiser um Vergebung fleht und wohl doch keine bekommt.

Das folgende „Youngblood“ kippt mehrmals in sonderbare, bedrohliche Akkorde, hinter der Band öffnet sich eine dunkle Klanglandschaft aus Wave-Keyboards und heftig verzerrten Gitarren. Unkontrolliert ist dieser Sound und kein bisschen geglättet -das ist wohl der Boden, auf dem die Band wieder angekommen ist. Die Trennungsballade „I’d Rather Be Dead (Than Be With You)“ ist schon eine Weile bekannt, man hört dort Allan zum Klavier singen, verlassen, verbittert und mit einem Spoken-Word-Part im Mittelteil. „If“ hat ein weicheres, hymnisches (Mit-)Gefühl, Glasvegas klingen ein bisschen wie die ganz frühen U2 und dichten Talking Heads‘ „Road To Nowhere“ um. All das ist direkt, trägt das Herz auf der Zunge und beschreibt die jeweiligen Szenen mit großer emotionaler Authentizität. Wir haben Glasvegas zurückbekommen. (BMG Rights/Rough Trade) JÖRN SCHLÜTER

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