Leonard Cohen :: Ten New Songs
Rückkehr mit sanftem Machismo zu blassem, statischem Backing
Die Nachricht elektrisierte: Leonard Cohen sei zurück in der Welt, und mit neuem Album. Doch währte die Vorfreude nur kurz, bei der ersten Hörprobe machte sich Ernüchterung breit. Sicher, da waren sie alle wieder versammelt, die Schlüsselwörter aus Cohens Kosmos, die Passpartouts zu seiner Poesie. Hunger, love, life, death, cross, blood, wine, touch, night, dawn, grace, truth. Getragen von dieser Stimme, die tiefer noch und samtener schien als in der Erinnerung. Allein, die Worte wollten nicht recht ins musikalische Schloss passen. Allzu linear, ja profan und ereignislos klang die Kulisse, und die Melodien besaßen nur für einen Moment hier, für ein paar Takte da jene Kraft und dionysische Direktheit, die Cohens Liedern immer eigen war. Abstrahiert man von den Vocals und den Lyrics, dachte ich nach dem ersten Durchlauf ketzerisch, dann bleibt nicht mehr Substanz übrig als für eine Platte von Sting.
Die Erklärung kam später. Die zehn neuen Songs stammen gar nicht von Leonard Cohen. Sharon Robinson, eine Musikerin, die schon früher mit dem Meister komponiert hatte, wenn auch nicht in so exponierter Rolle, entwarf sie in Heimarbeit. Cohen schrieb Gedichte, Robinson vertonte sie, produzierte das Album und spielte obendrein noch fast sämtliche Instrumente. Eine reife Leistung in jedem Fall. Coocoo-Ca-choo, Mrs. Robinson. Was das klinisch-kühle Klima dieser durch und durch digitalen, aseptischen Klanglandschaft ästhetisch nicht reizvoller macht. Doch legt man die Messlatte fairerweise tiefer, beurteilt Text und Musik nach ihren eigenen Ansprüchen, dann relativieren sich Erwartung wie Enttäuschung. Cohen selbst läuft selten zu alter Form auf. Der Dichter, so scheint es, ist milder geworden, müder womöglich. „I bite my lip/ I buy what I’m told/ From die latest hit/ To the wisdom of old“ gehört zu den gelungeneren Zeilen, birgt ein Kaleidoskop möglicher Deutungen, von Reue bis Zorn und Zivilisationskritik. Anderswo reimt er „cigarette“ mit „kitchenette“, hölzern und holprig. Nur Cohens beste Texte hier transzendieren das anämische Backing. „Love Itself“ etwa und „That Don’t Make It Junk“. Was bleibt: Sehnsucht Nach Songs Of Leonard Cohen.