Liars – Drums Not Dead

Vorsicht, liebe Leute, hier kommt mal wieder… Kunst. Genau, das Zeug, für das ihr euch immer vor Museen anstellt, aber eben als Platte. Obwohl es schon zum Wundern ist, daß man ästhetisch ehrgeizigen, aufgeladenen Konzept‘ Pop immer noch sofort am Cover erkennt: Man kann den Namen der Band nicht lesen, das Booklet ist voll unschöner Zeichnungen, und auch der Nicht-Deluxe-Edition liegt eine DVD bei. Das rezensieren wir natürlich alles mit, denn wir lieben die Kunst und die Gruppe Liars sowieso, die ja auch in exzellenter Künstlermanier von New York nach Berlin umgezogen ist (wohl wegen der Mieten). Was es bisher gab: 2002 eine Garagenrock-Platte, damals ein komplizierter Kommentar zur stumpfen Strokes-Euphorie. 2004 ein komplett abgeknalltes Konzeptalbum über Hexenkult („They Were Wrong, So We Drowned“), eine der grauenerregendesten und großartigsten Avant-Pop-Platten aller Zeiten.

„Drum’s Not Dead“ handelt jetzt offenbar von Psychologie, vom Gegenspiel zwischen Entschlossenheit und Zweifel im Kopf, was man höchstens daran merkt, daß sie bei einigen Liedern viel trommeln (Entschlossenheit) und bei anderen wenig (Zweifel). Die DVD enthält drei unterschiedliche, jeweils vollständige Verfilmungen des Albums (klug: Man bringt hinterher beim bloßen Hören alle Bilder durcheinander), als Clip-Kollektion mit laufenden Zahnbürsten und fliegendem Toastbrot, dann als Collage aus verfremdetem Live-Material. Für die dritte Version hat Sänger Angus Andrew 45 Minuten lang eine Schnecke gefilmt, die über ein Stück Gurke krabbelt. Freilich eine Arthouse-Parodie, aber trotzdem ist dies die erste Liars-Platte, die ab und zu ganz schön langweilt.

Delikate Avantgarde: das liebliche Flimmern und Surren umgestimmter Gitarren, Duette aus Kastratengesang und tiefem Background-Uh-Ah. drei unheilvolle Baßtöne, der Klang von Schlagzeugstöcken, die weit hinten im Hall gegeneinanderklacken. Daß die Band oft nach hochgeschätztem Krautrock klingt, ist mehr Zufall, denn nichts wurde hier bekifft improvisiert und später zusammengeschnitten – besonders die wahnsinnigen Tribal-Drumming-Duelle sind choreographiert wie Synchron-Gymnastik, richtig toll.

Weite Strecken kann man dagegen als Chill-out-Platte zum Limonen-Schaumbad hören, als satanische Sigur Rös, oder als verdösten Indie-Gospel (Spiritualized, Super Furry Animals). Mehr denn je macht die Band auch echte Lieder, und das gibt bei den abenteuerlichsten Musikern ja meistens die konventionellsten Ergebnisse, weil sie nur zwei Akkordfolgen können – eine Sache, die beim Echo-Forschen und Lärm-Bändigen ganz egal ist.

Eine Band, die immerhin andeutet, daß Zuhören Risiko bedeutet. Wenigstens muß diesmal keiner erschrecken.

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