Lisa Bassenge – A Little Loving
Wenn Melancholie so verführerisch klingt wie bei Lisa aus Berlin, dann trägt das Thema „verlorene Liebe“ auch mal fast ein ganzes Album. Zwei Songs hat die im Grenzbereich zwischen Jazz und Pop, Country und Lounge multi-aktive Sängerin selbst beigesteuert, und dass sie den neun Coverversionen standhalten, ist bei derart wohl bedachter Auswahl ein starkes Stück. Schon ihr bedingt heiterer Opener „I’d Never Have To Go“ erweist sich als wunderbares Beispiel für den Charme ihrer mädchenhaften Stimme. Und für den minimalistischen Reiz der stets songtauglich-knappen Soli (hier des Keyboarders Christoph Adams) wie überhaupt der Arrangements (hier inklusive Glockenspiel des Bassisten Paul Kleber).
Ohne aufgesetzte Originalität werden fremde Hits gründlich auf den Kopf gestellt: „Overload“ von den Sugababes orientalisch eingefärbt, „In Between Days“ (The Cure) und das nur vom Kontrabass begleitete „Why Don’t You Do Right“ (Peggy Lee) verlangsamt, als hätte man es mit einem deutschen Gegenstück zum „Slow Motion Quintet“ zu tun. Dafür bekommt die Irma-Thomas-Nummer „It’s Raining“ eine konsequente Vier-auf Sechs-Polyrhythmik verpasst; Minnie Rippertons „Love Hurts“ dagegen wird der Disco-Groove entzogen, so dass es den beiden Bluegrass & Country-Nummern auf „A Little Loving“ nahesteht. Dass Lisa Bassenges Phrasierung Grand Ole Opry-tauglich sein kann, ist nicht neu. Aber so schnörkellos wie hier mit Hank Williams oder „Keep On The Sunny Side“ im New-Orleans-Groove haben die Sängerin und ihre Band die C&W-Credibility noch selten vorgeführt. Weil „The Thrillls Gone“ als klassische Jazzballade die Melancholie auf neue Gipfel treibt, folgen fünf sensible Sekunden Extra-Pause, bevor mit Hildegard Knefs „Ohne Dich“ vergleichsweise fröhliche Stimmung aufkommt. Was nicht nur als deutscher Song aus dem Rahmen fällt, aber erstens hat Lisa schon mit Ilse Werner kompetent Schlager gesungen, und zweitens tut die Liebe zwar weh, aber das zum Glück nicht von früh bis spät.