Lloyd Cole :: Music In A Foreign Language

Er wollte keine Liebeslieder mehr singen, schon auf „The Negatives“ nicht, der übersehenen, unterschätzten, untergegangenen Platte aus dem Jahr 2000, die Lloyd Coles langes Schweigen beendete. Dann kam die skurrile Offensive: „Etc.“, „Plastic Wood“, schließlich die silberne Box mit den verlorenen Jahren, also „The Negatives“, „Etc.“, Plastic Wood“ und schmuddeligen Konzert-Mitschnitten. Dieses Gesicht, diese Stimme, dieser Defätismus: Vielleicht hatten wir Cole nicht vermisst, aber im Regal stehen all diese Platten, und wer hat ihn je verstanden? Etwas war unerledigt geblieben, und mit so komischen Alben wie „Bad Vibes“ blieb auch Cole auf halber Strecke zwischen Troubadour-Emphase und Lou-Reed-Gleichgültigkeit stecken.

Nur einmal hatte Lloyd Cole sein Talent vollkommen realisiert, und das war beim ersten MaL „Rattlesnakes“ war ein Wunderwerk und in den an Wundern armen 80er Jahren eine Erscheinung wie der brennende Dornbusch. „Rattlesnakes“ „Speedboat“, „Forest Fire“, „Down On Mission Street“: Wir wussten nicht, wovon Cole eigentlich sang, aber er war jedenfalls in einer anderen Welt, und die Art, wie die Commotions spielten, enthielt soviel Jugend und Weisheit und Traurigkeit wie die Geschichte von einer landpartie, „2CV“. Cole war ein lodies’man und ein Poet, und weil er das auch glaubte, zog er nach New York. Er bewunderte Raymond Carvec, wie jeder Raymond Carver bewundert, der schreibt, doch es haute einfach nicht hin.

Bis jetzt. Cole hat seine wichtigsten Mittel konzentriert: die Stimme, das Stillsein und die Melodien. Also „Etc.“ plus „Plastic Tree“ plus „The Negatives“. Er singt überdeutlich, er spielt überdeutlich Gitarre und Klavier, er benutzt deutliche Worte. Und doch eignet Songs wie „Late Night, Early Town“, „Tbday I’m Not So Sure“ und „Brazil“ etwas Magisches, etwas Unaussprechliches.

Cole ist noch immer ein großer Erotiker, aber nichts ist bei ihm explizit. Die Löwin und der trockene Wissenschaftler, das andere Leben, das Alibi, die Stadt voller Kokain, die Unsicherheit, all die Anspielungen auf Rauschgifte und schließlich die unpathetische Version von Nick Caves „People Ain’t No Good“, diesem zerstörten Idyll unter Kirschbäumen: Es ist das Beiläufige dieser Poesie, das einen trifft, die Intimität und Undeutlichkeit eines nicht ganz ehrlichen Tagebuches. „Now the night’s drawing in/ Fm your unworthy friend/ At the untimely end/ Of a lifetime“, singt er am Ende in „ShelfLife“.

„Music In A Foreign Language“ ist Coles schönstes Album seit Rattlesnakes“. Hier erzählt einer, der davongekommen ist Manche nennen es natürlich wieder nur Melancholie.

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