Lloyd Cole Standards :: Von der Bürde, mit dem ersten Album einen Klassiker geschaffen zu haben, handeln viele seiner Songs. Auf „Rattlesnakes“ klang 1984 schon an, was Lloyd Cole auch hätte werden können: ein Schriftsteller, ein Universitätsdozent, ein Mann der Frauen. Die Probleme begannen mit der dritten Platte, „Mainstream“, sie wurden schlimmer mit seinem Umzug nach New York und „Lloyd Cole“, und nach „Love Story“ war seine Karriere beinahe beendet. Im Jahr 2000 retteten ihn ein französisches Label und das Album „The Negatives“, eine zweite Blüte folgte – der erwachsene Cole.

Auch das mögliche Spätwerk beginnt nun verheißungsvoll mit Reminiszenzen an die liederlichen Tage, an „Women’s Studies“ und akademische Weihen: „We were young and we were stupid/And it was fine while it lasted/To complete my education/I had to wake up in your bathtub/With the shadows of the women/That I am not married to “ Wie er das so dahinschwatzt: ein Hallodri, der sich nicht recht traut, ein ernsthafter junger Mann, der zu viele Filme gesehen hatte und zwischen einem guten Buch und einem guten Haarschnitt, zwischen Norman Mailer und einem Schneider nicht mehr so genau zu unterscheiden wusste.

Coles Liebe galt immer den Kurzgeschichten von Raymond Carver, lakonisch wollte er sein und rätselhaft. Aber vielleicht liegt Coles Talent gar nicht im Brutalen und im Krassen, sondern in der Melancholie dessen, der die Unvermeidlichkeit der Dinge des Lebens begriffen hat. Das Kieksen ist aus seinem Gesang verschwunden, die Songs wirken geradlinig, und die Gitarren klingen grimmiger, je länger das Album dauert. Nie hat Cole schlichter und ergreifender geschrieben als in „Myrtle And Rose“:“I became the one who sits and watches from afar/ And you became the woman in the German car/I constructed characters in Quark and Photoshop/The longer you were gone/ The less the longing.“

Erst spät hört man, wie wunderschön die Gitarre und die Streicher in „Blue Like Mars“ zusammenfließen, wie sehr „Opposites Day“ an das Gitarrenspiel von Robert Quine erinnert. Fred Maher und Blair Cowan von den Commotions wirkten mit; Matthew Sweet spielte wieder den Bass. „Standards“ ist auch eine Rock-Platte, jenes Album also, von dem Cole glaubte, dass er es nicht fertigbringen würde. Brüchige Idyllen scheinen auf, letzte Liebe: „Put on your dress and let down your hair/ We’ll walk out together down Glendale Boulevard/Not a word of happiness or grief/Baby, I can’t leave you like this/I can’t stay/But I can’t leave you like this.“ In „Kids Today“ meldet sich schließlich der unaufgeregte, liberale Vater zu Wort: „How can you say?/ There is nothing wrong with kids today/We got post ironic ennui/Queens Of The Stone Age/I love your Vivienne Westwood shirt/Why won’t you let me wear it?“

Über all diesen Liedern steht ein Titel: „It’s Late“. Aber es ist nie zu spät für die große Platte eines Songschreibers, der über die Zeiten hinweg etwas Altertümliches geschaffen hat: ein Werk. (Tapete) ARNE WILLANDER

Eleanor Friedberger

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