Luanda Williams- Car Wheels On A Gravel Road
Es war natürlich clever, als Koch Records 1998 von ihrem zehn Jahre vorher erschienenen, nur „Lurinda Williams“ betitelten Album eine Expanded Edition nachreichte. Das war die Platte, mit der sie sich unter namhaften Kolleginnen einen Ruf wie Donnerhall eingehandelt hatte. Nur betrachtete sie danach – anders als die Elite von Kolleginnen wie Patty Griffin, Judy Miller, Kimmie Rhodes. Gillian Welch – den Fortgang ihres Schaffens mit soviel skrupulösen Selbstzweifeln, was ihre Qualitäten als Songschreiberin und andererseits als Interpretin anging, dass sie einen etwas aberwitzigen Perfektionswahn entwickelte. Leider hat man seit der letzten Live-Platte gar nichts mehr von der großen Songschreibern gehört, die auf demselben Pfad offenbar nicht weitergehen will.
Sie kann wohl auch nicht anders, und weil sie mangels gesundem und absolut gefestigtem Selbstvertrauen auch nicht eine Emmylou Harris, Mary Chapin Carpenter oder Patty Loveless vergleichbare Präsenz besitzt, vermutlich auch gar kein Star sein will in den Augen ihrer Bewunderer, wird sie es mutmaßlich nie zu einem solchen bringen. Der letzte Song auf „Car Wheels On A Gravel Road „. dem Album, das ihr den sogenannten Durchbruch brachte und es auf viele Bestenlisten des betreffenden und überhaupt aller Jahre schaffte, offenbarte ziemlich klar, warum. Das war eine Rückkehr zu tiefstem und jungem 20. Jahrhundert, zu Country-Blues, Appalachen-Folk, Graswurzel-Authentizität und vorindustrieller Musik aus einer Zeit, als Aufnahmegeräte für field recordings und andere erst erfunden und technisch kaum entwickelt waren. Bei so viel unverstelltem Gefühl, das da zum Schluss „Jackson“ verströmte, war das einer der absoluten Höhepunkte der Platte und wohl auch der Grund dafür, dass alle die es bis dahin gehört hatten, restlos fasziniert waren.
Mit richtigen Ohrwurmqualitäten hatten sich vorher andere wie „Metal Firecracker“ eingeschmeichelt, mit der Tex/Mex-Ballade „Lake Charles“ („Did an angel whisper in your ear/And hold you close and take away your fear“) brachte sie Steine zum Weinen.
Wie absurd ihre Zweifel waren, demonstrieren bei der Deluxe-Ausgabe zwei Outtakes der Sessions, mit denen sie schon 1995 mal die Arbeit an dem Album begonnen, das Projekt dann aber nie durchgezogen hatte. Große Klasse: Gurf Morlix an der Slide-Gitarre bei ihrer Cover-Version des „Down The Big Road Blues“, mit dem sie eindrucksvoll an ihre Anfänge anknüpfte.
Nur etwas mehr als eine Stunde während, ist der Rundfunk-Mitschnitt vom Juli 1998 auf der Bonus-CD – eine exzellente Mischung aus „Sweet Old World“ und „Car Wheels“-Songs – eine etwas erhebendere Darbietung als der Fillmore-Marathon von 2005 auf zwei CDs. Weniger ist manchmal doch mehr.